Full text: Lesebuch für Volksschulen

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weinte die Mutter bitterlich und sagte: „Ach, die Pflege 
des kranken Kindes hat all' meinen Verdienst verzehret 
und meine Arbeit gehindert." Und die Kinder flehten 
mit der Mutter, sie nicht zu verstoßen. Aber Pohl wen- 
5. detc sich weg von ihnen und ging in sein Gartenhaus 
und legte sich.auf das Polster zu ruhen, wie er pflegte. 
Es war aber ein schwüler Tag, und dicht am Garten¬ 
saale floß ein Strom, der verbreitete Hühlung, und cs 
war eine Stille, daß kein Lüftchen sich regte. Da hörte 
10. Pohl daS Gelispel des Schilfes am Ufer, aber cs tönte 
ihm gleich dem Gewinse! der Kinder der armen Wittwe, 
und er ward unruhig auf seinem Polster. Darnach horchte 
er auf das Rauschen des Stromes, und cs däuchte ihm, 
als ruhte er an dem Gestade eines öden, großen Meeres, 
15. und er wälzte sich auf seinem Pfühle. — Als er nun 
wieder horchte, erscholl aus der Ferne der Donner eines 
aufsteigenden Gewitters; da war ihm, als vernähme er 
die Stimme des göttlichen Gerichtes. 
Nun stand er plötzlich auf, eilte nach Hause und ge- 
20. bot seinen Knechten, die arme Wittwe wieder in'ö Haus 
zurückzuführen. Aber sie war sammt ihren Kindern in 
den Wald gegangen und nirgend zu finden. Unterdeß 
zog das Gewitter herauf, und es donnerte und fiel ein 
gewaltiger Regen. Pohl aber war voll Unmuth und 
25. hatte keine Ruhe, wo er auch ging und wo er auch saß. 
Am andern Tage vernahm er, das kranke Kind sei im 
Walde gestorben, und die Mutter mit den andern hin- 
wcggczogen. Da ward ihm sein Garten sammt dem 
Saale und Polster zuwider, und er genoß nicht mehr die 
30. Kühlung des rauschenden Stromes. Bald darnach fiel 
er in eine Krankheit, und in der Hitze des Fiebers ver¬ 
nahm er immer des Schilfes Gelispel und den rauschen¬ 
den Strom und das dumpfe Tosen des aufsteigenden Wet¬ 
ters. Also verschied er. Krummacher. 
68. bim ein 
35. Ein reines Herz, Herr, schaff in 
mir, 
Schleuss zu der Sünde Thor und 
Thür, 
Vertreibe sie Und lass nicht zu, 
Dass sie in meinem Herzen ruh’. 
40. Oir öffn' ich, Jesu, meine Thür, 
Ach komm und wohne du bei mir, 
reines Herz. 
Treib all Unreinigkeit hinaus 
Aus deinem Tempel und Wohn¬ 
haus. 
Lass deines güten Geistes Licht 
Und dein hellglänzend Angesicht 
Erleuchten mein Herz und Gemüth, 
0 Brunnen unerschöpfter Güt’.
	        
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