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Diese Fahrt machte meinem unterirdischen Leben ein Ende. Ich
wurde nun mit meinen Neisegesährten unter freiem Himmel auf einen
hohen Eisensteinhaufen gelegt, und weiß noch recht gut, wie ich mich
freute, wenn ich am Tage die Sonne erblickte und des Nachts die
vielen Sterne funkeln sah. Aber auf Freuden folgen oft Leiden. Nach
einiger Zeit brachte man uns auf breite, dünne Lagen von Reisholz,
welche angezündet wurden. Mein Freund, der Schwefel, der bis
dahin nicht von mir gelassen, ja von den ältesten Zeiten her in Freud
und Leid mir seine Freundschaft stets bewahrt hatte, konnte die Hitze
nicht vertragen und mußte sich von mir trennen. Er ging als Dampf
in die Höhe, und ich habe nichts wieder von ihm gehört. Ich hielt
standhaft auf dem Scheiterhaufen aus, wurde aber zuletzt ganz mürbe
geröstet. Doch das war noch gering gegen das, was mir nun wider¬
fuhr. Man brachte uns nämlich in eine Pochmühle, in welcher
schwere, mit Eisen beschlagene Stampfen waren, die so unbarmherzig
auf uns herumtraten, daß wir ganz zerstückelt wurden. Aus dieser
Martermühle fuhr uns ein Mann nach einem Ofen, der wie ein hoher
runder Thurm dastand. In viereckigen Kasten wurden wir nach seiner
obern Öffnung gewunden. Gelbe und blaue Feuerflammen sprüheten
hier Tag und Nacht ohne Unterlaß aus der zirkelrunden Öffnung und
leuchteten, hoch in die Höhe schlagend, weit in dle dunkle Nacht hinein.
Schon manche -Ladung aus der Pochmühle mußte in den Höllenschlund
des Ungeheuers gewandert sein, denn er war bis oben angefüllt. Auch
wir wurden ohne Umstände hineingeworfen, nachdem man vorher einen
Kasten voll Kohlen hineingeschüttet hatte. Die Hitze war so gräßlich,
daß wir zerschmolzen und flüssig wie Wasser wurden. Ein starker
Wind braus'te nämlich unaufhörlich durch zwei Öffnungen in den Ofen
hinein und hetzte das Feuer der Kohlen, womit der Ofen außer uns
Steinen noch angefüllt war, ohne Unterlaß auf uns los. Der Ofen
wäre wohl selbst zerschmolzen, wäre er von Eisen und nicht von feuer¬
festem Sandstein gewesen. Mancher nnreine Anhang von unserm früheren
Aufenthalte aus der Unterwelt her trennte sich hier als Schlacke von
uns, und wir wurden hier gereinigte und geläuterte Wesen, so
daß ich's den Leuten Dank weiß, die mich in diesen Feuerofen brachten.
Als wir ihn von oben bis unten durchwandert hatten, wurde er geöff¬
net, und schnell wie Wasser lief ich hinaus, feuerroth von Hitze, meine
Kameraden hinterdrein; vor der Thür des Ofens erstarrten wir in
Rinnen, die man in Sand eingedrückt hat, und fo wurden wir zu
einer Eisenstange. Als solche haben wir noch ins Feuer verschie¬
dener Hammerhütten wandern müssen, zerschmolzen aber nicht wie¬
der; denn hatte uns das Feuer glühend roth gebraten, so holte uns
ein Mann mit einer gewaltig langen Zange wieder aus dem Feuer
heraus, legte uns auf einen Amboß und ließ im Takte einen
Hammer auf uns niederfallen, der so centnerschwer war, daß ihn die
Zapfen der Welle eines rauschenden Wasserrades heben mußten. Dabei
hielt uns der Mann immer mit der Zange fest, und obschon wir uns