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Unermeßlich reich ist Österreich an Salz in seinem Salzkammer-
ut bei Ischl und Hallein und Hallstadt und dazu noch das
wunderbare Steinsalzbergwerk bei Wieliczka am Fuße der Karpathen
in Galizien; unerschöpfliche Salzquellen besitzen Hannover bei
Lüneburg und Preußen bei Halle, und überall, wo sonst euch
der Ortsname Hall begegnet, da werdet ihr das finden, was das
Wort ursprünglich bezeichnet: das Salz.
Zwei Körper sind in dem Salz innig mit einander verbunden: der
eine, ein hellglänzendes Metall, Natrium genannt; der andere ein
gefährliches Gift, Chlor (d. h. gelbgrün), das im reinen Zustande
als eine dunkelgelbe oder grünliche Lichtart (Gas, Dampf) erscheint,
die auf der Stelle tödtet, wenn man sie unvermischt einathmet. Die
Scheidekünstler oder Chemiker können das Chlor aus dem Koch¬
salz scheiden oder darstellen. Bei manchen Krankheiten ist es ein
vorzügliches Heilmittel. Es kann zum Reinigen der Luft von anstecken¬
den Krankheitsstoffen u. s. w. verwendet werden. Wer würde es dem
Kochsalz, diesem angenehmen Gewürz ansehen, daß cs aus so merk¬
würdigen und gefährlichen Stoffen zusammengesetzt ist. Aber so ist es
mit allen Stoffen, die wir Gift nennen. Sie werden uns schädlich,
wenn wir sie nicht recht erkennen und gebrauchen; bei einsichtsvoller
Anwendung aber sind sie uns sehr nützlich.
Bei der Gewinnung des Salzes geht es folgendermaßen zu: In
Flözgebirgen liegt in gewaltigen Lagern das Steinsalz, das man
bergmännisch gewinnt. Freilich ist es nicht selten mit Gyps, Thon und
erdigen Theilen vermischt, und dann werden nicht die Salzsteine her¬
geschafft, sondern man läßt in die Salzgruben Wasser hinein, welches
das Salz auslaugt. Im Schooße der Berge entstehen dann große,
vom Waffer ausgefressene Höhlen, wie in Hall ein, wie der Fremde
mitten im Salzberge auf einem Kahne über einen kleinen Salzsee
schifft, während an den Wänden und an der Decke beim Scheine der
Fackeln und Lichter die rothen, weißen, blauen, grauen Salzkrystalle
wie in einem Feentempel wunderbar glänzen. Gewaltige, oft stun¬
denlange Soolwasserleitungen führen dort die gesättigte Salz-
soole in die Siedehäuser nach Ischl, wo in ungeheuren Pfannen
durch Feuer das Waffer verdunstet und die weißen Salzkrystalle an¬
schießen und zurückbleiben. In Zuckerhutformen gedrückt, wird dann
das Salz — das hier, wie überall, zu den Einnahmen des Staats¬
schatzes gehört — ausgeführt in das Land und beim Gebrauche erst
klein gestoßen. Anders verfährt man allerorts da, wo natürliche
Salzquellen sich finden, deren Soole so dünn ist, daß sie nicht gleich
versotten werden kann. Da wird die Salzsoole erst in die Grad ir-
werke geleitet. ES werden nämlich lange Wände von Schwarz- und
Weißdornen von 80 Fuß Höhe und 4—6 Fuß Breite gebauet, und
auf diese glatt beschnittenen Wände wird nun die Soole durch Pumpen
gehoben. In einzelnen Tropfen fällt dieselbe langsam wieder herab,
indem jeder Tropfen von Dorn zu Dorn springt. Behälter unter