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zum Lesen zu öffnen; 2) sie in alle Sprachen der Welt zu übersetzen, und sie so
zu dem großen Weltapostel, zu einem nie sterbenden, nie sich irrenden Prediger-
für alle Völker zu machen. Die Wohlfeilheit der heil. Schrift bewirkte in Deutsch¬
land schon 1712 der Baron von Canstein, indem er mit dem halleschen Wai¬
senhause eine Anstalt verknüpfte, welche in verschiedenen Ausgaben, wie sie das
Bedürfniß erfordert, die Bibel verbreitet, und bis zum Jahre Ì840 nicht weniger
als 4 Millionen Bibeln unter die deutschen evangelischen Christen verbreitet hat.—
Aber die heil. Schrift allen Völkern wohlfeil in die Hände zu liefern, das hat
der Herr den Engländern vorbehalten, weil sie in ihrer weit verbreiteten Geschäf¬
tigkeit und bei ihrem Verkehr mit allen Völkern die Lastträger des Wortes Gottes
in alle Welt sind.
Die Sache selbst ging aber also zu: Ein Geistlicher in England, welcher
bemerkte, daß in seiner Gemeinde das Wort Gottes nur spärlich zu finden sei,
und in London bei christlichen Mitbrüdcrn sich Raths erholen wollte, wie diesem
großen Nebel abzuhelfen sei, gab die Veranlassung dazu, daß am 7. März 1804
die bri t tische und ausländische Bibelgesellschaft gestiftet ward. Viele
hoch gestellte Männer, denen daö Kreuz Christi höher stand, als ihre eigene Ehre,
schlosse» sich dieser Gesellschaft an, und unterstützten sie mit reichen Beiträgen.
In ganz England bildeten sich Zweiggesellschaften, deren man im Jahre 1815
schon 484 zählte. In diesem Jahre nahm die Hauptgesellschaft schon 000,000
Rthlr. ein und verausgabte fast eben so viel. Ihre Thätigkeit besteht in der
wohlfeilen Verbreitung der Bibel in der ganzen Welt unter Christen, Juden,
Muhamedanern und Heiden, in der Veranlassung von neuen Uebersetzungcn und
in Beförderung des Drukks derselbe». Sie schifft deshalb Boten zu allen Völ¬
kern, ladet sie ein, mit ihr dasselbe Werk zu treiben, Bibelgesellschaften zu errichten,
Geld dafür zu sazumeln, Bibeln wohlseil zu verkaufen, nach Umständen auch zu
verschenken, und daö Lesen der Bibel gu befördern. Die entstehenden Gesellschaften
unterstützt sie mit Geld und Bibeln, mit Rath und Ermunterung. Sie hat
einen Faden an den andern geknüpft, so ei» ganzes Retz von Bibelgesellschaften
über alle Theile der Erde geworfen, und so evangelische Stimmen an vielen
Orten erwekkt. Die einzelnen Bibelgesellschaften sammeln, gleich der Muttergc-
sellschaft, Beiträge, verbreiten Gottes Wort in ganzen Bibeln und neuen Testa¬
menten und feiern JahreSfeste, auf denen sie Rechenschaft über ihre Wirksamkeit
ablegen. Solche Feste führen die lebendigsten Glieder der christlichen Kirche zu¬
sammen, werden an manchen Orten mit verwandten Festen, z. B. MissionSfestcn
zu gleicher Zeit gefeiert, und man bemerkt dabei oft lebendige Pfingstrcgungen.
Es ist unmöglich, zu berechnen, wie viele Herren durch die Bibelgesellschaften
von der Finsterniß zum Licht gekommen sind. Wie muß man aber staunen, wenn
man liest, daß am Schluffe des Jahres 1841 die brittifche und auswärtige Bibel¬
gesellschaft die heil. Schrift in 22 Millionen Exemplaren und zwar in 136
Sprachen oder Mundarten vertheilt hat. Sie hat das Bibelwerk in mehr als
hundert Sprachen neu übersetzen und drukken lassen. Aus dieser Thätigkeit, die
viele tausend Hände der Nebcrsetzcr, Schreiber, Schriftgießer, Schriftsetzer, Drukker,
Versender und Verbreiter in Bewegung setzt, ersieht man schon, welche Geld-
summen jährlich dazu gehören, und dazu kommt kein Pfennig durch ein Gesetz
und Vorschrift/ sondern Alles durch freie Liebe ein, welche eine Frucht von der
Liebe Christi zu uns ist.
In Europa haben nicht bloß die evangelischen Christen die heil. Schrift
wohlfeil bekommen, sondern auch Katholifcn. Selbst in das doppelt verfinsterte
Spanien, wie nach Portugal, hat man Bibeln gebracht, in den letzten fünf
Jahren (vor 1841) allein 14000 Stükk. Die abgestorbenen christlichen Gemeinden
in Asien sind durch die Verbreitung der Bibel wiederbelebt worden, und die
indischen Bibelgesellschaften haben viel Bibeln unter den Heiden verbreitet, biö
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