Erzählungen aus dem Leben zur Warnung. 17 
arme Thier, so viel sie konnten, zu ängstigen. AIS sie sich 
eines Tages auch so unartig auf der Straße betrugen, kam 
ein alter Mann gegangen und verwies ihnen ihre Unge¬ 
zogenheit. Ihr solltet euch schämen, sagte er, dass ihr auf 
dem Wege von der Schule, wo ihr so viel Gutes gehört 
habt, euch so wild und ungezogen betraget. Aber diese 
bösen Knaben hörten kaum, was der alte Mann sagte, 
und liefen laut lachend und tobend fort. Die Aufführung 
dieser Knaben missfiel also dem alten Manne sehr. Konnte 
sic auch wol irgend einem andern verständigen Menschen 
gefallen? Was verständigen Menschen missfällt, 
das ist unanständig. — 
Ich will mich stets so betragen, dass verständige Men¬ 
schen mein Betragen mit Wohlgefallen bemerken können. 
2. Die Versuchung. 
b'rnst und August gingen eines Tages zusammen vor 
daS Thor, und kamen vor einem Garten vorbei, welcher 
offen stand. Sie gingen aus Neugierde hinein, und fanden 
einige Pflaumenbäuine, welche so voll von reifen Früchten 
hingen, dass man sie hatte stützen müssen. Sieh, August, 
sagte Ernst, hier können wir uns recht satt essen; es ist 
kein Mensch in dem Garten; lass, uns geschwind einen 
Zweig abbrechen imb damit fortlaufen. Nein, antwortete 
August, daS dürfen wir nicht thun; dbnn die Pflaumen 
gehören uns ja nicht. Ei, was schadet das? rief Ernst; 
der Mann, dem sie gehören, kann es doch unmöglich mer¬ 
ken, dass wir ein Paar genommen haben; er hat so viele, 
dass man sie nicht zählen kann. Aber eS ist doch Unrecht, 
wenn wir es thun, antwortete August; denn man soll 
nichts heimlich wegnehmen, was Andern gehört, wenn es 
gleich nur eine Kleinigkeit ist. Weißt du. nicht mehr, was 
der Vater neulich sagte, als er uns die Geschichte von 
dem Diebe erzählte, welcher in Ketten vor unserm Haust 
vorbeigeführt wurde? Nun, was sagte denn'der Vater? 
fragte Ernst. Er sagte: Bei dem Kleinen fängt man 
an, und bei dem Großen bört man auf? Ernst 
wurde nachdenkend, und sagte endlich: Du hast Recht, lie¬ 
ber August, wir wollen weiter gehen. 
Ernst war in großer Versuchung gewesen, etwas 
Unrechtes zu thun; indem er die Begierde fühlte, Pflaumen 
Kilstcrfreund. 4. Auflage. B 
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