Full text: Der katholische Volksschüler in der Oberklasse

70 
wurden als Eigenthum des Staates angesehen, und hier begegnen 
wir einer furchtbaren Grausamkeit in der Gesetzgebung Lykurgs, in¬ 
dem dieselbe befahl, alle Kinder, welche schwach oder krüppelhaft 
waren, an einem Berge in der Nähe der Stadt auszusetzen, wo sie 
verschmachten mußten. 
Die kräftigen Kinder wurden unter Aufsicht des Staates er¬ 
zogen und wohnten vom siebenten Jahre an in öffentlichen Gebäu¬ 
den. Abhärtung gegen Schmerz und Beschwerden, Stärkung 
der körperlichen Kräfte durch manigfaltige Leibesübungen, Gewöh¬ 
nung an strengen Gehorsam und Hochachtung gegen das 
Alter waren die höchsten Zwecke der spartanischen Erziehung. 
Die spartanischen Knaben waren sehr leicht gekleidet, durften ... 
nie Schuhe tragen und mußten täglich im Flusse Eurotas baden. 
Sie waren in Klassen getheilt, welche immer den Muthigsten und 
Verständigsten zum Anführer hatten. Unartige Knaben durste jeder 
Bürger züchtigen, und wenn der Gestrafte sich bei seinem Vater be¬ 
schwerte, so wurde die Züchtigung von diesem wiederholt. 
13. Die Athener. 
Griechenlands edelstes Volk waren die Athener, welche nicht 
nur, wie die Spartaner, Muth und Tapferkeit hochachteten, sondern 
auch Künste und Wissenschaften schätzten und daher frühzeitig eine 
hohe Stufe geistiger Bildung und Größe erreichten. 
Athen oder Attika wurde* 500 Jahre lang durch Könige 
regiert. Der letzte derselben war Kodrus, unter dessen Regierung 
die Dorier, ein griechischer Volksstamm, in Attika einfielen. Das 
Orakel, welches darüber befragt wurde, welchen Ausgang dieser Krieg 
nehmen würde, hatte ausgesprochen, daß die Athener nur dann siegen 
würden, wenn ihr König vom Feinde getödtet werde. Die Dorier, 
die dieses erfahren hatten, beschlossen das Leben des Königs, der sich 
in der Schlacht vorangestellt hatte, auf jede mögliche Weise zu scho¬ 
nen, um dadurch, nach dem Ausspruche des Orakels, den Sieg zu 
erlangen. Allein Kodrus, der sein Leben dem Wohl des Vaterlan¬ 
des opfern wollte, verkleidete sich als Bauer, stürzte unerkannt in 
die dichtesten Reihen der Feinde und fand hier einen ruhmvollen Tod. 
Als die Feinde hörten, daß der König von Athen gefallen sei, « 
ergriffen sie eiligst die Flucht, und die Athenienser waren befreit. 
Da man in Athen Niemand für würdig hielt einen Thron zu 
besteigen, der auf eine so edelmüthige Weise erledigt worden war, 
so wurde die Regierung Magistratspersonen, die man Archonten 
nannte, übertragen. Als aber endlich auch diese Regierungssorm 
dem Volke nicht mehr gefiel, wurde Drako, einer der Archonten, 
aufgefordert, ein Gesetzbuch zu schreiben. Er entsprach dem Willen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.