VIII. Italien.
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tíué abermals den Papst ängstigte, zog Carl d. Gr. über die Alpen,
belagerte Defiderius in Pavia, nahm ihn 773 gefangen und endete
so das Reich der Langobarden. Er fugte noch bedeutende Länds-
reien der Schenkung Pipins hinzu, doch behielt er und seine Nach¬
folger noch lange die unbestrittene Oberherrschaft in Rom, und noch
mehr als ein Jahrhundert hindurch wählten, bestätigten und ent¬
setzten die Kaiser die Papste. Der Zustand des obern Italiens blieb
einige Jahrhunderte lang höchst traurig. Selbst Carl d. Gr. ließ
die vorgefundenen Herzöge im Besitz ihrer Länder; unter seinen
schwachen Nachfolgern gelangten sie zu voller Unabhängigkeit, und
als vollends die Kaiserkrone an die Deutschen kam, wurde die
Oberherrschaft der Kaiser kaum dem Namen nach beachtet. Oft¬
mals wurden Könige von Italien aus den mächtigen Häusern der
Provence und von Burgund erwählt; jeder Herzog, jeder Graf,
jeder Mächtige strebte nach Unabhängigkeit und behauptete sie mit
den Waffen; daneben erhob sich die Macht der Bischöfe, Aebte
und Klöster, welche alle zugleich weltliche Besitzer und Fürsten
waren, zu einer in andern Ländern unbekannten Höhe, so daß
unendliche Fehden das unglückliche Land zerrütteten und aller
Anbau zu verschwinden drohte. Zwar wußten die kräftigen Ot-
tonen eine Zeitlang ihre Macht zu behaupten und einige Ord¬
nung zu erhalten, aber unter ihren Nachfolgern, besonders als
die große Fehde zwischen den Kaisern und Päpsten ausbrach, unter
Heinrich IV und V., und jede Stadt, ji^der Ort Partei nahm,
erreichte das Elend seinen Gipfel. Dies war derZustand von Ober-
Italien im9ten, 10ten und Ilten Jahrhundert. Doch fingen im
Ilten schon einige Städte, vorzüglich und zuerst Mailand an, sich
zu verstärken, von den Bischöfen und Baronen loszureißen und
wenigstens einige Freistätte und Sicherheit zu gewähren. Glück¬
licher und früher, als sie, hatte Venedig, vom Meere geschützt,
sich erhoben. Bis gegen das Ende des 8ten Jahrh, hatten die Be¬
wohner der verschiedenen Inseln unabhängig, jede unter ihrem
Tribun, Handel und Schifffahrt getrieben. Die Furcht vor dm
Seeräubereien der Araber nöthigte sie, sich zu vereinigen, sie er¬
wählten einen Herzog, D o g e (von dux), der auf Rialto wohnte;
diese Insel ward durch Brücken mit den benachbarten vereinigt, und
so entstand Venedig. Die Venezianer führten einen einträglichen
Handel mit Syrien, Aegypten, vorzüglich aber mit Conftantinopel,
wo sie große Vorrechte besaßen. Ihre Seemacht überwog bald
die der Araber, so daß schon im lOten Jahrh, mehrere Städte Dal¬
matiens, Zara zuerst, sich freiwillig ihnen unterwarfen, um gegen
die Araber geschützt zu werden. Diese hatten sich schon seit 827
Siziliens bemeiftert und fingen selbst an, auf dem festen Lande Ita¬
liens sich zu verbreiten, im Kampfe mit den Griechen, welche jene
Gegenden noch schwach behaupteten. Beide wurden durch die Nor-
männer verdrängt. Ums Jahr 1000 landete ein Haufen normän-
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