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und zu welchem wahrscheinlich auch die Tan rer auf der
nach ihnen benannten südlichen Halbinsel (Chersonesus Tau¬
rica) gehörten ; sie waren vermuthlich ein Theil des grossen
östlichen Stammes der Kelten, welcher spater in west¬
lichem Ländern unter dem Namen derCimbern (Kyinren,
vgl. 170) bekannt wird; denn sie sollen nach Westen (die
Donauebenen entlang, wo seit ältester Zeit Keltische Völker
bekannt sind) ausgewandert sein, als sie um die Mitte des
7. Jahrh. v. Chr. durch die aus dem inneren Asien einwan¬
dernden Scythen vertrieben wurden. Der edelste oder so¬
genannte königliche Stamm der Scythen (2xvi)ai Buai-
Ätxoi, Baaii.ii)ca), in einheimischer Sprache Scoloten ge¬
nannt, welcher seine Wohnsitze am Nordufer der Maeotis
und am Boryslhenes hatte, beherrschte nun das ganze süd¬
liche Flachland von Osteuropa, vom Tanais bis zur Aluta
und den Karpaten, welches daher bei den Griechen den
Namen Scythia erhielt*); nur auf der südlichen Halb¬
insel erhielten sich die Taurer, llieils unabhängig im Gebirge,
tlieils mit den Einwanderern gemischt (daher Tauroscythae
genannt) in der Ebene; die Calipidae (oder Carpidae) an
der westlichen Ponlus-Küste sollen aus Scythen und Griechi¬
schen Einwanderern gemischt sein; an der VVestgränze brei¬
teten sich allmäldig Thracische Stämme, namentlich dieGeten
(am Tyras Tyrigeten genannt) aus, die seit etwa 300
v. Chr. das Übergewicht erhielten, und um 50 v. Chr. die
Scythen bis an den Boryslhenes zurückdrängten; nördlicher
breiteten sich seit 200 v. Chr Keltische Völker aus“*),
zu denen vielleicht die Bastarner und Peucinen, wenn
sie nicht Germanen waren (vgl. §. 186), gehörten.
$. 109. Die Griechischen Colonien, welche sich haupt¬
sächlich zu Handelszwecken an der Nordküste des Pontus
ansiedelten (vgl §. 114), waren ausser der Dorischen (Mega-
rischen) Stadt Chersonesus oder Heraclea, sämmllich
Ionische, besonders von Miletus ausgegangene; die ältesten
und bedeutendsten: im Westen Olbia seit 650 v. Chr. (auch
vom Flusse Borysthenes genannt), welche die ganze benach¬
barte Küste bis zum Ister (mit mehreren Griechischen Städten:
T y ras, Niconium, Ophiusa) und östlich bis Carcine beherrschte;
im Osten Theudosia und an der Meerenge Pantica-
paeum (wahrscheinlich um 600 v. Chr. gegründet), wozu
seit 540 auf der Asiatischen Seite des Bosporus Phanago-
ria und Herrn onassa kamen, in welchen sich mit den
Milesiern andere Ionier aus Teos und wahrscheinlich Aeolier
aus Lesbos vereinigten. Zu letzteren gehörte das Geschlecht
der Archaeanactiden, w'elches seit 480 v. Chr. die Herrschaft
über alle am Bosporus gelegenen Griechischen Städte erlangte.
Ihnen folgten seit 438 die Spartociden, welche den Titel
B o s por a nisch er Könige annalimen (daher die Haupt¬
stadt Panticapaeum auch vorzugsweise Bosporus genannt),
und ihre Herrschaft allmäldig (besonders seit 350 v. Chr.)
auch auf das früher selbständige Theudosia und die benach¬
barten Völkerstämme der Asiatischen Küste: Sinder, Toretcn,
Dandarier, Malten oder Maeoten u. a. bis zur Milesischen
Colonie Tanais ausdehnten. Das durch Angrilfe von Scy-
*) Oie Nordgränze bezeichnet die Gegend Gerrlins am oliern
Borysthenes (s. Taf.)!.),_ wo die Hügelgräber der Scythisehen Könige
waren, welche noch jetzt in sehr grosser Anzahl unter dem Kamen Jio-
yylcn im Russischen Gouvernement .Vohilew bekannt sind.
**) Diese östlichen Kelten erhalten von ihrer Vermischung mit Scy¬
then bei den Griechen den Namen hsAroox'jft&i; von den benachbarten
Deutschen Völkern wurden sie, wie alle Kelten, W a 1 e n (Walah, woraus
Wals eh) genannt, welcher Name daher, in der Form W1 ach bei den
Slawen auf das in derselben (»egend, an der untern Donau, spater aus
einer Vermischung von Kelten , Thrakern oder Dakern und Römischen
Coionisten entstandene Wtachische Volk überging.
then und Summten geschwächte Reich ging 94 v. Chr. in
den Besitz des Königs von Pontus (vgl. §. 55) Mithridates
Eupator über, der ganz Taurien sammt der Stadt Chersonesus
(wenigstens bis 36 v. Chr.) damit vereinigte und neben letz¬
terem Eupaloria gründete; nach seiner Besiegung durch die
Römer behielten diese eine Art Oherhoheit über das in seiner
Familie nach dem Verlust von Pontus allein forterbende Reich
von Bosporus, sowie über die übrigen freien Griechischen
Städte, namentlich Olbia, ohne dass jedoch diese Gegenden
eine Provinz des Römischen Reichs gebildet hätten. Ende
des 3. Jahrh. v. Chr. endet das Bosporanische Reich, und
die ganze Halbinsel kommt unter Abhängigkeit von der Stadt
Chersonesus (schon damals abgekürzt Cherson genannt*).
§t. 15)2. Von den Nordabhängen des Caucasus in den
nördlichen Ebenen bis zum Tanais wohnten ebenfalls seit
ältester historischer Zeit Arische Nomadenstämme, namentlich
die Alanen (ein Name, den auch die jetzigen Ossen im mitt—
lern Caucasus führen), welche von hier schon um 50 n. Chr.
Einfälle in Kleinasien machten, die Siraken (vgl. §. 32, 12,
§. 44) ein handeltreibendes Volk, die M a e o t en (Matten, später
auch, vielleicht in einem einzelnen Stamme, Jaxamaten ge¬
nannt) und Sauromaten (bei den Römern Sarmaten, auch
ZvQuarai). Letztere verbreiteten sich seit 100 v. Chr. er¬
obernd über das ehemals von Scythen unterworfene Gebiet
in Osteuropa, welches nun von ihnen bei den Römern und
Griechen den Namen Sarmatia erhielt; zu ihnen gehörten
auch die Alanen, welche im 2. Jahrh. v. Chr. int Inneren
des jetzigen Russlands um die Wolgaquellen wohnten; Roxa-
I alten (ein Alanen-Stamm, wahrscheinlich vom Flusse Rös
oder Ra, d. i. der Wolga *’), benannt) und Jazygen, welche
um 70 n. Chr. an der untern Donau einwandern und die Dacisclte
Macht einschränken. Ein westlich vorgedrungener Stamm der
Jazygen (auch Sarmalae Liniigantes genannt) erscheint um die¬
selbe Zeit in der Theissebene, zwischen Dacien und Pannonien.
($. 103. Nordöstlich von diesen Völkern beginnt das
Gebiet der Ostfinnischen oder Hunnischen Stämme,
die noch jetzt daselbst wohnen, unter denen der Name der
Hunnen (Chuni) schon um 100 v. Chr. am Nordufer des
Caspischen Meeres und bald darauf schon westlich bis zum
Borysthenes erscheint; zu denselben gehört wahrscheinlich
auch das nomadische Volk der Aorsen (vielleicht die
Awaren der Spätem) in den Steppenllächen zwischen Maeotis
und Caspischem Meer, Karawanenhandel nach dem Indisch-
Persischen Osten treibend, wie noch die jetzigen Kirgisi¬
schen Bewohner derselben Gegenden. Von den in früherer
Zeit (bei Herodot) in denselben Wohnsitzen ausserhalb des
eigentlichen Scythicns genannten Völkern, den Thyssageten
und Iyrken, den von den Griechen so genannten und nicht
genauer gekannten Schwarzmüntlern (Mti.ay/i.aXvoi) und
Menschenfressern Aviigog ayoi'), welche Herodots Nachrichten
oberhalb der Wolgaquellen setzten, ist es unmöglich zu ent¬
scheiden, zu welchem Stamme sie gehörten** ***)"). Dasselbe
*) Die neue, von Russland anselegte, und zur Erinnerung an den
berühmten alten Namen benannte Stadt Cherson ist damit nicht zu ver¬
wechseln, da sie eine ganz verschiedene Lage hat; der Lage dos alten
Chersonesus entspricht das jetzige Sewastopol. Theudosia veränderte
seinen Namen im Mittelalter in Kafa, statt dessen die Russen den alten
(Feudosiu ausgesprochen) wiederhergestellt haben, wie sie auch der an
der Stelle des alten Panticapaeum-Bosporus gelegenen Stadt Keriscli den
neuen Namen H’ospor gegeben, und den Namen Phanagoria auf eine in
der Nähe des alten gelegene neue Stadt übertragen haben.
**) Die Wolga heisst im Finnischen noch jetzt Rau; der hunnische
Name War, welcher Strom bedeuten soll, scheint den "Oapoz wiederzu¬
geben. unter welchem bei Herodot die Wolga zu verstehen ist.
***) Da die Geschichte in diesen Gegenden vor den Slawischen Be¬
wohnern (zum Theil noch jetzt unter ihnen) zerstreut nur Finnische
gilt von den Issedonen, dem äusserslen östlichen Volke,
zu welchem von Pontus ans Griechische Kaufleute kamen,
und welches die goldreichen Gebirge Inner-Asiens (den Altai)
inne hatte; erst in späterer Zeit scheinen sie sich südlich
über das Himnielsgebirge (Auzacia bei l’tolem.) verbreitet zu
haben, wo sie im 1. Jahrh. v. Chr. erscheinen*).
15)1. Alle diese Völker, östlich von den Sarmaten
und der Rha, wurden von Griechen und Römern unter dem
irrthümlich übertragenen Namen der Scythen zusammen-
gelässt, seit mit dem Verfalle des Scythisehen Reichs in Ost¬
europa der scythische Name seine bestimmtere Bedeutung
verloren hatte. Nach der natürlichen Scheide, welche das
von S. nach N. laufende Imaus-Gebirg (Betur-Tagli, vgl.
§. 24) zwischen Inner- und Vorder-Asien bildet, und welche
man, durch unbestimmte Kunde von dem gleichfalls gegen N.
auslaufenden l'r&l geleitet, nördlich bis zum Eismeer ver¬
längert dachte (vgl. Taf. I.), unterschied man im geographi¬
schen Systeme (bei Ptolem. 120 n. Chr.) Scythia inner¬
halb (westlich) und ausserhalb (östlich) des Iniaus. Im
erstem, namentlich am untern Jaxartes (bei den einheimischen
Nomaden Silis genannt), wohnten jedoch den wirklichen
Scythen verwandte. Arische Wanderstämme, namentlich die
Massage! en (Alanen bei den spätem Autoren), und im
südlichen Theile des Iinaus-PIateaus selbst, an den Oxus-und
Jaxartes-Quellen, dieSaken (altpers. u. ind. Sakä, ein Name,
mit dem die Perser alle Scythen belegten, vgl. §. 31, 8).
Durch ihr Land führte vom Jaxartes aus wenigstens seit der
Begründung Griechischer Herrschaft in Bactrien und Sogdien
(Alexandria Es’chate), eine bedeutende Handelsstrasse, über
Auzacia (wahrsch. Kasclighar) nach den beiden Issedonen-
Städten (Jarkantl und Khoten, letzteres unter seinem früheren
Namen Kusthäna schon in sehr alter Zeit als Sitz eines civili—
sirten arischen Stammes bekannt). Vgl. T. I. Ptolemäus.
§. 95)5. Das äusserste Ziel der alten Handelsverbindungen
in den ferneren Osten, Sera in Serica, dem Lande der
Seide (welche in den alten chinesischen Dialekten Ser heisst,
daher der, von dem den Westvölkern bekanntesten Pro¬
dukt, auf Stadt, Land und Volk übertragene, nicht einheimi¬
sche, Name), wird gewöhnlich für den nordöstlichsten Theil
Chinas, oder eines der Türkischen, von China abhängigen
kleineren Reiche, wo ebenfalls der Seidenbau im Mittelalter
sehr blühte, gehalten, und nach dieser Ansicht ist Sera auf
Taf. III. am nördlichen Rande mit dem Zeichen der Unge¬
wissheit angegeben, um die in der Erklärung der Ptolemäi-
schen Angaben in diesen entferntesten Enden der bekannten
Erde möglichen Unsicherheiten zu verdeutlichen. Für die
daneben in der Karte gegebene viel südlichere Ansetzung
im jetzigen Tiibet scheint hingegen sowohl die südöstliche
Richtung, in der Sera von Issedon aus bei Ptol. gesetzt wird,
zu sprechen, als die von demselben in der Umgegend Sera’s
angeführten Namen der Landschaft 'Orrogaxogga, d. i. Uttara
Ituru, wie die Indier einen Theil des Himalaja-Hochlandes
in ihrer Sprache benannten, und des Flusses BavTrjs mit der
Völkerschaft Bavrai, d. i. Bhöta, wie die Tübeter von
den Indiern genannt werden; woraus erhellt, dass die
Griechen ihre Nachrichten über Serica meist von Indien aus
erhielten.
Völker kennt, so bildeten diese wahrscheinlich die Urbevölkerung, der
jene Stämme angehörten.
*) Da in derselben Epoche in denselben Gegenden nach den chine¬
sischen Annalen Türkische Völker als herrschend angegeben werden,
so ist es wahrscheinlich, dass zu diesen die Issedonen gehörten.