Full text: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde

Gebundene Warme. Dampf. 
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Bisher haben wir nur zwei Zustande der Materie: den der Festigkeit 
und den der Flüssigkeit, betrachtet; wir gehen jetzt auf die Erklärung des 
Einflusses der Wärme auf die Dampfbildung über. Wenn man z. B. 
Wasser eine gehörige Zeit lang irgend einer Art Wärme aussetzt, so wird 
die Temperatur desselben so lange zu wachsen fortfahren, bis es 8!) ° Rvaum- 
erreicht hat. Ueber diese hinaus kann es nicht gesteigert werden. Die 
einzige Folge einer Fortsetzung der Steigerung wird die Bildung von 
Dampf seyn. Wir habe» nun vie interessante Frage: was aus der Wärme 
wird, die sich dem Wasser mittheilt, nachdem seine Temperatur bereits 
auf den Siedpunkt gesteigert ist? Diese Frage kann nur aus zwei Arten 
beantwortet werden: Es wird jene entweder mit dem Dampfe fortgeführt, 
oder dient sie in einem latenten und für das Thermometer nicht meßbaren 
Zustand zur Bildung des elastischen Fluidums. Daß sie nicht durch den 
Dampf fortgeführt wird, ist gewiß; denn das Thermometer gibt kein Zeug¬ 
niß von ihrer Anwesenheit in demselben. Sie muß daher in einem laten¬ 
ten Zustande mit ihm verbunden seyn, und wir hätten diese Analogie 
zwischen den Ursachen des Schmelzens und der Dampfbildung erwarten 
dürfen. 
Tie Quantität der zur Verwandlung des Wassers in Wasserdunst 
oder Dampf nothwendigen latenten Wärme läßt sich durch ein sehr ein¬ 
faches Erperiment annähernd bestimmen. Man nehme ein Gefäß, das 
5'/ Unzen Wasser von 0 ' Röaum. enthält, und lasse daö Röhrencnde 
einer Retorte hineingehen, welche eine Unze siedendes Wasser enthält. 
Wird nun das Wasser in der Retorte als Dampf in das kalte Wasser 
Hinübergetrieben, so wird man finden, daß, sobald das Ganze verdampft 
ist, die 5'/z Unzen den Sicdpunkt erreicht haben werden. Daraus ersehen 
wir, daß der Dampf von einer Unze Wasser so viel Wärme in einem 
latenten Zustande enthält, daß dadurch 5 '/s Unzen von 0 Grad auf eine 
Temperatur von 80 Grad gebrachc werden, oder mit andern Worten, 
daß sie die fühlbare Wärme des Wassers um 80 Grad vermehren können. 
Hätte man nun noch die zur Bildung des Dampfes nothwendige Wärme 
in ihren: fühlbaren Zustande in die Unze Wasser übertragen können, so 
würde sie die Temperatur desselben auf 440 Grad, d. h. auf 5 '/-mal 
80 erhöht haben. Wenn daher eine Unze Wasser von: flüssigen Zustande 
in Dampfform übergeht, so hat sie so viel Wärme erhalten, daß sic, 
wofern dieselbe fühlbar wäre, die Temperatur des Wasserö aus 440 Grad 
erhöhen würde. 
Der Dampf ist gänzlich unsichtbar, und der weiße wolkige Strom, den 
man aus einem Gefäß mit siedendem Wasser aufsteigen sicht, der sogen. 
Schwaden , ist eine Verdichtung dieses Dampfes, welche durch sein Zu-
	        
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