28
Die Schwerkraft.
einander nach dem Berhältniß ihrer Massen anziehen, so zieht jeder ein¬
zelne Theil im Universum jeden andern Theil an, und alte von der
Oberfläche der Erde weggeschlenderten Körper gehorchen nur diesem Ge¬
setze, wenn sie wieder dahin zurückfallen. Die Materie ist an sich selbst
durchaus passiv und unthätig, und mögen wir sie nun in einem Zustand
der Ruhe oder der Bewegung wahrnehnien, so dürfen wir immer gewiß
seyn, daß derselbe durch irgend eine äußerliche Kraft hervorgebracht wurde.
Daraus sollte nun folgen, daß eö außer der Schwerkraft keinen Grund
gebe, warum ein Körper abwärts fallen müsse; er sollte eher die Richtung
annehmen, in der er geworfen wird. Da aber verschiedene Körper zu
verschiedenen Zeiten auf die Erde zurückfallen, so dürfte es vielleicht schwer
seyn, das angeführte Gesetz als identisch darzustellen. Die ganze Anzie¬
hungskraft der Erde wirkt auf jedes einzelne Atom sämmtlicher Körper;
sie sollten daher, ob groß oder klein, zu gleichen Zeiten herabfallen. Dieser
Widerspruch hebt sich jedoch, wenn wir bedenken, daß auch die Luft ans
die Oberfläche der Körper einwirkt; und von zwei Substanzen, die ein
gleiches Gewicht, aber einen verschiedenen Umfang haben, wird diejenige
zuerst fallen, welche der Luft den geringsten Widerstand darbietet. Ein
Stein und eine Feder würden in einem luftleeren Raum von derselben
Höhe ans binnen gleicher Zeit herabfallen; werden sie jedoch dem hem¬
menden Einfluß der Luft ausgesetzt, so fällt der Stein zuerst: nicht weil
er von der Erde stärker angezogen wird, denn dieselbe Kraft wirkt auf
seine Theile wie auf die der Feder, sondern weil er im Berhältniß zu
seiner Masse einen geringeren Widerstand durch die Atmosphäre erleidet.
Diese Anziehungskraft zwischen zwei Körpern wechselt im umgekehr¬
ten Berhältniß wie die Quadrate ihrer Entfernungen; oder, mit andern
Worten: die Anziehungskraft nimmt in dem Berhältniß ab, wie das
Quadrat der Entfernung zunimmt. Nchnieu wir an, daß ein Körper in
einer Entfernung, die gleich t seyn soll, von einem andern mit einer
Kraft ebenfalls gleich l angezogen werde, so wird bei einer Entfernung
von 2 die Kraft nur gleich i/if bei 3 gleich */9 und bei 4 gleich */16 seyn.
Wenn wir diese zwei Gesetze kennen, so wird eS uns nicht schwer seyn,
den Fall der Körper zu erklären, mögen sie nun in die Luft gehoben und
dort losgelassen, oder von der Oberfläche der Erde aus in eine Grube
oder einen Brunnen gesenkt werden. Um die Richtung der Schwerkraft
zu bestimmen, darf man nur die Linie bezeichnen, in welcher die Körper
fallen. Die Richtung eines Fadens, der an, einen Ende aufgehängt ist
und am andern eine schwere Kugel hat, wird die Richtung der Schwer¬
kraft bestimmen; denn die Linie, in der er gezogen wird, muß durch die
Thätigkeit der Gravitation bestimmt seyn. Daraus nehmen wir ab, daß