Die Marienburg.
des daranstoßenden Korridors („der obere Gang" genannt), seitwärts von
fünf bunten Fenstern glanzvoll erhellt, verkünden die Nähe des Fürsten.
Vor dem dritten Fenster steigt Meisters „runder Born" durch die drei
untern Etagen über 17 Meter hinab, von behauenen Granitblöcken eingefaßt,
so daß auch in jedem Stock aus ihm geschöpft werden konnte. —
Wir treten in das Allerheiligste der Burg, in „Meisters großen
Remter", ein Prachtsaal sondergleichen! Dies war der Ort, wo des Ordens
Meister fremde Gesandten und Fürsten empfing und an hohen Festtagen
mit seinen Gebietern zusammensaß; hier erschien der Erste des Ritterbundes,
der kür seine Person selbst dem Reichthum der Welt entsagt und Armut
gelobt hatte, in der ganzen Pracht des regierenden Herrschers von einem
schönen Lande und in der vollen Herrlichkeit eines Gebieters, dem ein
mächtig streitbares Heer dienstbar war. Das hohe Spitzbogengewölbe ruht
kühn auf einem achteckigen Granitpfeiler, als hätte der alte Baumeister hier
Die Marienburg.
alle Macht und Pracht des Ordens nur in einem Gedanken zusammenfassen
wollen. Die einzelnen Bogengurten springen von dem Pfeiler nach den
vier Seitenwänden nicht aus verziertem Capitol, sondern vom einfachen
Schaft sich erhebend und an der Decke leicht sich zuspitzend. Besonders
zeichnet sich dieser Saal durch seine breiten, lichten Fenster aus, die dicht
neben einander auf drei Seiten eine unermeßliche Aussicht über die vorüber¬
rauschende Nogat in das offene, lachende Werder eröffnen. Jeder Beschauer
unter diesem deutschen Himmelsgewölbe wird hier bei dieser unvergleichlich
schönen Aussicht mächtig und mit heiliger Ehrfurcht ergriffen gegen alt-
oeutsche Baukunst, die hier ihr höchstes Ziel erreicht hat.
kfen Wänden ziehen sich einfache Steinbänke entlang, die mit rothen
Decken belegt sind. Der Fußboden ist mit verglasten Thonfliesen gepflastert,
^zn der vierten Wand endlich hat man die schwere Steinkugel haften lassen,
vre von Jagiello's tückischer Polenschaar im Jahre 1410 auf des Remters
Pferler gezielt wurde, um dessen ritterlichen Vertheidiger Heinrich von Plauen
unter dem Gewölbe zu begraben.