Die Stiergefechte in Spanien.
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rannt hat und keinen Ausgang findet, stampft er mit den Füßen. Sich
selbst anfeuernd schlägt er feine Seiten mit dem Schweife, und bald, er¬
bittert durch das Zischen und Geschrei der ungeduldigen Menge, stürzt er
auf den nächsten Picador, der ihn mit feiner Lanze empfängt, deren Spitze
genau auf das Schulterblatt gerichtet fein muß. Die kurze Spitze macht
nur eine kleine Wunde. Der Stier rennt nun wüthend auf den zweiten
Berittenen und greift nach diesem mit gleicher Heftigkeit seinen dritten und
vierten Feind an. Wenn die Picadores nicht sehr gewandt und stark sind,
oder die Lanze Zerbricht, so wird das Pferd umgerannt, mit den Hörnern
durchbohrt und feine Gedärme dringen aus weiten Wunden hervor. Der
Picador selbst würde nun auch durchbohrt werden, wenn die Chulos nicht
seinen furchtbaren Feind umschwärmten und feine Wuth ablenkten. Der
Stier verläßt nun den Besiegten, um auf die leichtern Feinde loszustürzen,
welche ihn fliehend in einen andern Theil des Cirkus locken, von wo aus
der Stier nicht säumt, sich von neuem auf die noch kampffertigen Picadores
zu werfen. Man hat Stiere gesehen, welche 9 bis 12 Pferde tödteten,
deren ganz mit Blut bedeckte Köpfe nun Kränze zierten, welche ihnen die
allgemeine Bewunderung zuerkannte. Nachdem der Stier so viele Pferde
aetödtet hat, daß daran Mangel für den übrigen Theil des Tages zu be¬
fürchten ist, ziehen sich die Picadores zurück. Jetzt ergreift ein verwegener
Chulos ein kleines Stäbchen, woran meist ein Feuerrad befestigt ist, und
stößt es mit den daran befindlichen Stahlfpitzen dem Thier in den Nacken.
Von Eisen und Feuer zugleich gepeinigt brüllt und schnaubt es, rennt und
steht still, macht Sprünge, geht rückwärts, stürzt vorwärts, schäumt und
bereitet sich mit flammenden Augen auf einen verzweifelten Widerstand.
Da verkünden die Trompeten den Augenblick, der feiner Qual ein Ende
machen soll. Von mehreren Chulos unterstützt, setzt sich der Matador mit
fliegender Muleta und entblößtem Degen gravitätisch gegen das Thier in
Marsch, und beide Kämpfer messen sich mit den Augen. Der Mann, kalt¬
blütig aus seiner Hut, bewegt die Fahne, die bald die ganze Aufmerksam¬
keit feines Gegners erregt. Der Stier beobachtet die geringsten Bewe¬
gungen der Muleta, und indem er sichern Stoßes auf den Feind zu stürzen
glaubt, wirft er sich nur aus die wehende Fahne, der behende Matador
weicht aus und stößt dem Stier im Augenblicke, wo er unter feinem linken
Arm weggeht, mit der rechten Hand den Degen durch die Brust. Der
Stier ftür§t zusammen, und gelingt es dem Sieger, den Degen im
Augenblick wieder aus der Wunde zu ziehen und die Gesellschaft aus der
Stelle mit blutiger Waffe zu grüßen, so ertönt von allen Seiten der
lauteste Beifallruf; die Damen werfen ihm Blumen, Zuckerwerk oder Confect
zu und reiche Leute oft einen Regen von Piastern und Goldstücken. Wenn
dem Matador der Stoß aber mißlingt, so treten Hohngefchrei und Be¬
schimpfung an die Stelle des Beifalls, und tödtet der Stier feinen Gegner,
so schreit die Menge bravo und klatscht wie wahnsinnig. Jedoch es tritt
wieder ein neuer Matador hervor, und der Stier muß doch am Ende
sterben. Jeder Stier ist auf seinem Rücken mit einer Bandschleife ver-
fehep, welche die Farbe feiner Race bezeichnet. Nach errungenem Siege
knüpft sie der Matador ab und überreicht sie einer Dame der Versammlung,
welche nicht verfehlt, auf eine solche zarte Aufmerksamkeit mit einem reichen
Geschenke zu antworten. Die berühmtesten Matadores find beinahe alle
nach einer längern oder kürzern Ausübung ihres gefährlichen Handwerks
auf dem Kampfplatze umgekommen. Wenn ein Stier getödtet ist, so fährt
cm mck rerch geschmückten Maulthieren bespannter Wagen herein, während
dre Trompeten me Anrunfr eines andern Opfers verkünden, und es wird
der Stier mit sammt den gefallenen Pferden weggeschafft.
Bumüller und Schuster.