Solon.
43
und den Ruf seiner Weisheit gelangte er zu Ansehen. Er wurde
zum Archon (Staatsoberhaupt), Friedensstifter und Gesetzgeber
gewählt; denn Athen befand sich damals durch den Uebermuth
der Reichen und das große Elend der Armen in einem kläglichen
Zustande. Drako's vor kurzer Zeit gegebene Gesetze waren zu
streng, als daß sie immer hätten befolgt werden können. Man
konnte mit Recht voll ihnen sagen, sie seyen mit Blut geschrieben;
weil sie jedes Verbrechen ohne Unterschied mit dem Tode be¬
straften.
Solon verminderte die Schuldenlast, verringerte den Zins¬
fuß und setzte Drako's Gesetze außer Kraft. Die höchste Gewalt,
die Entscheidung über Krieg und Frieden, die Wahl der Staats¬
beamten und die Gesetzgebung übertrug er dem Volke. Jeder
ehrenwerthe Bürger hatte das Recht, tu der Volksversammlung
zu erscheinen, und nur die ärmste Klasse war vor: den öffentlichen
Aemtern ausgeschlossen. Der Beamte war unbesoldet, die Ehre
sein einziger Lohn. Die Erziehung der Kinder überließ er den
Eltern; die Jünglinge aber wurden verpflichtet, die öffentlichen
Schulen zu besuchen, wo Altweisung zu körperlichen Uebungen
und geistiger Unterricht ertheilt wurde. Viele Verordnungen
Solon's können noch jetzt als Muster bienen; einige davon sind
auch für euch verständlich und verdienen es, daß ihr sie eurem
Gedächtnisse einprägt. Es sind folgende:
Ein Sohn ist nicht verpflichtet, seinen Vater im Alter zu
unterstützen, wenn dieser ihn nicht zur Erlernung einer nützlichen
Kunst angehalten hat, durch welche sein Fortkommen gesichert
ist. Hingegen soll derjenige von dem Umgänge ehrbarer Leute
ausgeschlossen seyn, welcher sein Vermögen vergeudet, oder seine
rechtschaffenen Eltern im Alter Mangel leiden läßt.
Wer in der Schlacht den Fuß feige zur Flucht wendet, ist
ehrlos.
Die Kinder derjenigen, welche im Dienste des Vaterlandes
ihr Leben verloren haben, sollen bis zum Mannesalter aufStaats-
kosten erzogen werdet:.
Kein Gläubiger darf seilten Schuldner zum Sklaven machen.