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Bald entspann er sich mit der größten Heftigkeit um lOVa Uhr
Vormittags und währte bis gegen Abend. Da zogen sich die
Preußen, welche in der Minderzahl waren und eine höchst
unvortheilhafte Stellung hatten, in größter Ordnung zurück.
Hierbei übernahm es Oberst-Lieutenant de Barras, Commandeur
des 1. Bataillons des 2. schlesischen Grenadierregiments —
es koste, was es wolle — den Rückzug zu decken. Um we¬
nigstens die Fahne zu retten, schickt er sie mit 50 Mann Be¬
deckung vorauf. Darauf läßt er sein auf 600 Mann zusammen¬
geschmolzenes Bataillon ein Quarrt fornüren und erwartet so
die nacheilende feindliche Cavallerie. Kurz darauf kommt ein
hannoverscher Offizier, ein weißes Tuch an seinem Degen
über sich schwingend, herangesprengt. Vor der Front haltend,
ruft er dem Oberst-Lieutenant zu: „Herr Kamerad, vermeiden
Sie weiteres Blutvergießen; Ihre Leute haben sich tapfer ge-
schlagen. Im Namen meines Generals bitte ich um Ihren
Degen!" Mit größter Ruhe jedoch erwidert ihm de Barras:
„Meinen Degen? — Nein, Herr Kamerad, daraus wird
nichts! Bitte, sagen Sie nur Ihrem General, meinen Degen
könne ich ihm nicht schicken, den brauche ich selbst." Erfreut
über diese Antwort, bricht das ganze Quarrt in ein lautes
» Lachen aus, während der hannoversche Offizier verletzt davon
jagt und der Oberst-Lieutenant seinen Leuten zuruft: „Nun,
Jungen, aufgepaßt! Jetzt wird der Tanz losgehen!"
Er hatte Recht; denn bald zeigt sich in weiter Ferne eine
große dunkle, sich immer näher bewegende Staubwolke, aus
der die Kürasse und die gezückten Säbel der Reiter hindurch¬
blinken. Fest wie die Säulen steht die kleine Schaar und
erwartet ruhig die Heranstürmenden. Da, als sie noch etwa
200 Schritte entfernt sind, ertönt aus der Mitte des Quarr^'s
das kräftige Commandowort: Feuer! — Ein gewaltiger Knall
und darauf ein Geklirr, wie wenn Eisen auf Eisen schlägt,
wird hörbar. Die Rauchwolke verzieht jich und ein verwor¬
rener Knäuel von Menschen und Pferden zeigt sich den Blicken