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wurde, wie es schon vorher abgekartet worden war, am Bunde
der Antrag auf Bundeshülfe der von Preußen besetzten Länder
gestellt. Schnell verstanden sich auch Oesterreich und Baiern
zur Gewährung derselben und erklärten sich bereit, das kecke
Preußen mit aller Macht zu bekriegen. So war denn von
diesen Mächten jetzt laut ausgesprochen, was sie bisher mehr
oder weniger versteckt gegen Preußen im Schilde geführt —
der Krieg, und dies war daher gezwungen, den von ihnen
hingeworfenen Fehdehandschuh aufzunehmen.
Am 17. Juni erließ der Kaiser von Oesterreich einen Auf¬
ruf an seine Völker in einer höchst anmaßenden, zweideutigen
und den wahren Sachverhalt verdrehenden Sprache. Anders
unser König in seinem Ausrufe am 18. Juni, dem Tage, an
welchem 1815 Preußen und England gemeinschaftlich den
glorreichen Kampf bei Waterloo gegen Napoleon I. vollführten.
Dieser Aufruf lautete:
„An Mein Volk!
In dem Augenblicke, wo Preußens Heer zu einem ent¬
scheidenden Kampfe auszieht, drängt es Mich, zu Meinem
Volke, zu den Söhnen und Enkeln der tapfern Völker zu reden,
zu denen vor einem halben Jahrhundert Mein in Gott ruhender
Vater unvergessene Worte sprach: „Das Vaterland ist in Ge¬
fahr!" Oesterreich und ein großer Theil Deutschlands steht
gegen dasselbe in Waffen! Nur wenige Jahre sind es her,
seit ich aus freiem Entschlüsse und ohne früherer Unbill zu
gedenken, dem Kaiser von Oesterreich die Bundeshand reichte,
als es galt, ein deutsches Land von fremder Herrschaft zu be¬
freien. Aus dem gemeinschaftlich vergossenen Blute, hoffte
Ich, würde eine Waffenbrüderschaft erblühen, die zu fester,
auf gegenseitiger Achtung und Anerkennung beruhender Bundes¬
genossenschaft und mit ihr zu all dem gemeinsamen Wirken
führen würde, aus welchem Deutschlands innere Wohl¬
fahrt und äußere Bedeutung als Frucht hervorgehen sollte.
Aber meine Hoffnung ist getäuscht worden. Oesterreich will