— 48
einer Geldnot während des Siebenjährigen Krieges die Nehrung abholzen ließ, da trieb
der Westwind den Dünensand immer weiter vor sich gegen das Haff hin, und Wälder
und Wiesen, ja, selbst ganze Dörfer wurden vom Sande verschüttet. Nur bei dem
Dorfe Schwarzort findet man noch einen ausgedehnten Hochwald. Doch auch in diesen
dringen die wandernden Dünen — jährlich etwa 6 w nach Osten vorrückend — von
Jahr zu Jahr tiefer ein. Da aber die Düne wandert, so gibt sie auch wieder frei,
Ums sie begraben hat. Schon zeigen sich hie und da neue, grüne Waldstellen in den
Dünen, und so hofft man, daß sich der Wald allmählich wieder erneuern wird.
4. Flüsse. In das Kurische Haff ergießt sich die Memel. Das Tiefland an
der Memel ist sehr fruchtbar. Noch vor 100 Jahren war es ein ödes Sumpfland.
Jetzt bringt die Niederung den herrlichsten Weizen hervor. An der Memel liegt Tilsit.
(Friede 1807.) In das Frische Haff mündet der Pregel, woran Königsberg liegt.
5. Königsberg s 188), die 2. Hauptstadt Preußens, ist eine starke Festung. Ziemlich
in der Mitte der Stadt steht auf einer Anhöhe das königliche Schloß. Mit diesem ist die
Schloßkirche verbunden. Hier fand am 18. Januar 1701 die Krönung des ersten Königs
„in" Preußen statt. Königsberg ist eine bedeutende Handelsstadt. Die kleineren Seeschiffe
gehen auf dem Pregel bis an die Stadt, die größeren dagegen werden meistens schon bei
Pillau „gelöscht". — Im Nordosten von Königsberg liegt halbinselartig die Landschaft
Samland. An ihrer Küste findet man den meisten Bernstein.
6. Litauen. Der östliche Teil Ostpreußens führt den Namen Litauen. Dieser
Landstrich ist vielfach von Heiden, Sümpfen unb Dünen durchzogen. Weite Sumpf¬
strecken aber sind durch den Fleiß der Bewohner in fruchtbare Felder umgewandelt
worden. So gleicht die Gegend um Trakehuen, einst ein wertloser Sumpf, jetzt
einem prächtigen Garten. Kreuz und quer gehen dichte Alleen, unb auf den üppigen
Weideflächen tummeln sich, von berittenen Hirten überwacht, große Herden edler Rosse.
7. Die Preußische Seenplatte, die sich auch durch Westpreußen zieht und
auf dem Baltischen Landrücken liegt, füllt den südlichen Teil der Provinz aus.
Der sandige Boden daselbst ist vielfach mit Kiefern bestanden, die stellenweise meilen¬
lange Wälder bilden. (Johannisburger Heide, 100 l<m lang.) Die Bewohner
dieses Landstrichs heißen Masuren. Sie sprechen meistens noch polnisch und
ernähren sich vielfach als Waldarbeiter oder Fischer. Von beit vielen Seen sind
der Mauersee und der Spirdingsee die größten.
b. Die Provinz Westpreußen. (26 T. qkm — 1,6 M. E. — V« kath.)
1. Bodenbeschaffeuheit. Westpreußen wird (wie Ostpreußen) vom Baltischen
Landrücken durchzogen. Er wird hier von der Weichsel durchbrochen und bildet
ans jeder Seite des Flusses eine seenreiche Höhenplatte. Aus der südlichen Ab¬
dachung der westlichen Höhenplatte liegt die 70 km lange „Tuchelsche Heide",
deren sandiger Boden größtenteils mit Kiefern bestauben ist. Der Hauptfluß der
Provinz ist die Weichsel.
2. Die Weichsel entspringt auf den Karpaten, fließt dann in einem großen
Bogen durch Polen (an Warschau vorbei) und tritt oberhalb der Festung Thorn in
Westpreußen ein. Hier durchbricht sie den Landrücken und fließt in einem 8—15 km
breiten, äußerst fruchtbaren Tale dem Frischen Haff und der Ostsee zu. Die freund¬
lichen Weichselstädte (Thorn, Kulm, Graudenz, Marieuburg (mit dem Schlosse
des Hochmeisters der Deutschritterj, Elbing u. a.) liegen, um vor Überschwem¬
mungen gesichert zu sein, nicht im Tale selbst, sondern auf den steilen Anhöhen
zu beiden Seiten des Flusses. Vor ihrer Mündung teilt sich die Weichsel in viele
Arme und bildet ein sogenanntes Delta. An einem dieser Arme liegt Danzig (140),
Hauptstadt der Provinz und zweitgrößte Seehandelsstadt des Königreichs. Be¬
sonders wird hier viel Weizen und Holz verladen.
3. Die Weichsclniedernng umfaßt das Deltaland der Weichsel. Sie ist eine
ungemein fruchtbare Ebene. Längs der Flußarme ziehen sich zu beiden Seiten