Full text: Nicolaisches Realienbuch

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Wilhelm der Große (1861-1888). 
1. Prinz von Preußen. AIs Zweiter Sohn Friedrich Wilhelms III 
und der Königin Luise wurde Prinz Wilhelm am 22. März 1797 geboren. 
In seine Jugendzeit fiel der unglückliche Krieg von 1806—7 und der Tod 
seiner inniggeliebten Mutter. Als junger Offizier nahm er an dem Feldzuge 
in Frankreich teil und hatte wiederholt Gelegenheit, Proben seines Mutes und 
seiner Unerschrockenheit zu geben. — 1829 vermählte sich Prinz Wilhelm mit 
der Prinzessin Augusta, Tochter des Großherzogs von Sachsen-Weimar, einer 
großen Verehrerin Goethes. Ihr Eheglück wurde durch zwei Kinder, den Prinzen 
Friedrich Wilhelm, den späteren Kaiser Friedrich III., und die Prinzessin 
Luise, die verwitwete Großherzogin von Baden, erhöht. Im Jahre 1848 zog sich 
der Prinz durch sein entschiedenes Festhalten an der bisherigen Regierungsform 
den Unwillen des Volkes zu, so daß man es für geraten erachtete, ihn für 
einige Zeit ins Ausland zu senden. Nach seiner Rückkehr trat er ebenso 
entschieden für die Aussöhnung zwischen König und Volk ein. Im folgenden 
Jahre warf er als Bundesfeldherr den Aufstand in Baden nieder und lebte 
alsdann längere Zeit als Gouverneur (Militürstatthalter) über Rheinland 
und Westfalen in Koblenz. 
2. Prinz Wilhelm als Prinzregent. Infolge der schweren Erkrankung 
Friedrich Wilhelms IV. übernahm Prinz Wilhelm 1858 die Regierung des 
Landes. Da er für die Unabhängigkeit und Sicherheit des Landes eine 
größere Heeresmacht für notwendig hielt, so strebte er danach, das Heer 
im Verhältnis der bedeutend gewachsenen Bevölkerung beträchtlich zu ver¬ 
mehren, wobei ihn sein treuer Ratgeber, Kriegsminister von Roon, unter¬ 
stützte. Ein anderer Mitarbeiter bei der Verbesserung der Heereseiurichtungen 
war General von Moltke, den der Prinzregent zum Chef (Leiter) des 
Großen Generalstabes der Armee ernannte. Moltke entwarf mit Meister¬ 
schaft die Kriegspläne, hielt ans tüchtige Ausbildung der Offiziere in den 
Kriegswissenschaften und drang mit Roon auf eine bessere Bewaffnung des 
Heeres (Einführung des Züudnadelgewehres und der Kanonen mit Hinter-- 
ladung). 
3. Wilhelm I., König von Preußen. Als Friedrich Wilhelm IV. 
am 2. Januar 1861 starb, bestieg sein Bruder Wilhelm als König den 
preußischen Thron und setzte sich und seiner Gemahlin am 18. Oktober 1861 
in Königsberg die Königskrone aus. Hierbei versprach er, zum Wohle des 
Volkes und in Gemeinschaft mit dem Volke der Verfassung gemäß zu regieren. 
a) Die Jahre des Konflikts. Die nächsten Neusorderungen für das 
Heer brachten den König in ernsten Zwist mit dem Landtage, der die For¬ 
derungen nicht mehr bewilligen wollte. Auch die Auflösung und Neuwahl 
des Landtages führte zu keiner Verständigung. Da berief der König den 
preußischen Gesandten in Paris, Otto von Bismarck, zum Ministerpräsidenten, 
der unter schweren Kämpfen, wenn auch gegen den Willen des Landtages, 
die Heeresverbesserungcn durchführte.
	        
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