Full text: Nicolaisches Realienbuch

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veranlaßte aber auch Beutegier und Lust nach Abenteuern viele, sich den Kreuz¬ 
heeren anzuschließen. — Der Aufwand für die Ausrüstung und den Unterhalt, 
ferner die lange Abwesenheit von der Heimat führte viele Ritter in Verarmung 
und zum Verlust ihrer Lehen. Dadurch wurde die Hansmacht und der Einfluß 
der Fürsten im Abendlande, besonders in Frankreich, bedeutend vergrößert. 
Die Bauern erhielten manche Erleichterung. Da nämlich die Teilnehmer am 
Kreuzznge frei wurden, so konnte man die Bauern nur durch Ermäßigung 
der Abgaben und Dienste in der Heimat zurückhalten. Viele von diesen er¬ 
warben auch Anteile der verkauften Lehen, so daß sich allmählich der Stand 
der Kleinbauern entwickelte. 
Der Handel und Verkehr, besonders der lombardischen Städte (Mai- 
land, Verona) und der Seestädte am Mittelländischen Meere (Venedig, Trieft, 
Genua), nahmen einen erheblichen Aufschwung. Nene Handelsverbindungen 
zwischen Btorgen- und Abendland wurden angeknüpft; denn in den Hasenplätzen 
des Morgenlandes ließen sich zahlreiche abendländische Kaufleute nieder. Als 
Handelsartikel, die durch die Kreuzzüge weitere Verbreitung fanden, brachten 
die Kaufleute feine Stoffe und prächtige Gewänder, Gewürze und Südftüchte, 
kunstvoll verzierte Waffen, Schnmckgegenstände und neue Farbstoffe (Indigo, 
Sandelholz) in den Handel. Die Kreuzfahrer lernten ferner neue Gewebe 
(Kattun, Musselin, Damast), neue Gebrauchsgegenstände (Sofa, Divan, Matratze) 
und neue Einrichtungen (Alkoven, Bazar, Magazin, Lazarett) kennen und trugen 
zu deren Verbreitung in der Hemmt bei. Die kunstvollen Bauten und Ver¬ 
zierungen (Arabesken), die herrlichen Elfenbeinschnitzereien und Schmuckwaren 
wirkten veredelnd auf den Kunstsinn der Kreuzfahrer und regten in der Heimat 
zur Nachahmung an. Doch auch Luxusartikel, wie farbenprächtige Teppiche und 
Prunkgewänder, kostbare Glaswaren und Perlen, fanden im Abendlande Eingang 
und führten bisweilen zu einer übertriebenen Verfeinerung der Lebensführung. 
Die Dichtkunst wurde durch phantafievolle Sagen und Märchen bereichert. 
Abendländische Ärzte lernten von arabischen und jüdischen Ärzten neue Heil¬ 
verfahren und Heilmittel kennen; aber auch der Aberglaube an wunderbare 
Tränke und an die Wirkung von Geheimmitteln fand im Abendlande Eingang. 
Die Rechenkunst verdankt den Kreuzzügen die Bekanntschaft mit den indisch¬ 
arabischen Ziffern. Die Geographie erhielt genauere Kenntnis über die von 
den Kreuzfahrern und Kaufleuten berührten Länder. Mit Staunen vernahm man 
mi Abendlande die Berichte über wunderbar gebaute Städte, seltsam schöne Ge¬ 
genden und sonderbare Erzeugnisse der Tier- und Pflanzenwelt. Endlich trugen 
die Kreuzzüge auch zur Förderung des Kriegswesens im Abendlande bei. 
Neben der Ausrüstung und Bewaffnung der Ritter (Kettenpanzer) bot besonders 
das arabische Belagernngs- und Besestignngswesen manches Lehrreiche für die 
Kreuzfahrer. Außer dem Gebrauch verbesserter Wurfmaschinen lernte man 
auch die Anwendung verschiedener Spreng- und Zündstoffe (griechisches Feuer) 
durch die Araber kennen. 
* Das Rittertum. 
1 Entstehung. Die alten Teutschen kämpften zu Fuß; erst Karl der 
Große und Heinrich I bildeten Reiterheere. Tie Fürsten, Grafen und Frei- 
Realienbuch. Z
	        
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