Full text: Nicolaisches Realienbuch

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Karl XII. von Schweden und der Nordische Krieg (1700—1721). 
Schweden war seit dem Dreißigjährigen Kriege die erste Macht int 
Norden Europas und die Beherrscherin der Ostsee. Gegen Ende des 
17. Jahrhunderts gelangte der kaum 15jährige König Karl XII. zur Regie¬ 
rung. Da hielten die benachbarten Herrscher, Peter der Große von Rußland, 
König August der Starke von Polen und König Friedrich IV. von Dänemark 
die Gelegenheit für günstig, sich in den Besitz der schwedischen Ostseeprovinzen 
zu setzen und die Übermacht Schwedens zur See zu brechen. • Aber schnell 
entschlossen drang Karl XII. (1700) in Dänemark ein und zwang die Dänen 
zum Frieden. Alsdann landete er mit 8000 Mann in Rußland und siegte 
über ein zehnmal stärkeres russisches Heer bei Narva. — Mit wechselndem 
Glücke führte Karl den Krieg in Polen, dessen König er für abgesetzt erklärte, 
in Schlesien, Sachsen und Südrußland unter furchtbaren Entbehrungen und 
großen Gefahren weiter. Nach der unglücklichen Schlacht bei Pnltawa (Süd¬ 
rußland) sah er sich genötigt, in die Türkei zu flüchten, wo er fünf Jahre 
verweilte und die Türken zum Kriege gegen Rußland bewog. Inzwischen 
wurde ein neues Bündnis zwischen Rußland, Dänemark und Polen geschlossen, 
dem 1714 auch Friedrich Wilhelm I. von Preußen beitrat. Während die Russen 
die schwedischen Ostseeprovinzen eroberten und der vertriebene Polenkönig den 
Thron wieder einnahm, besetzten die Preußen Vorpommern (links der Oder- 
münduug) und die Insel Rügen. Stralsund verteidigte der aus der Türkei 
herbeigeeilte König Karl tapfer gegen die Dänen, Preußen und Russen. Er 
mußte sich aber schließlich aus die Flotte retten, worauf Stralsund sich den 
Preußen ergab. Noch einmal versuchte Karl XII. sein Kriegsglück, wurde aber 
bei Friedrichshall in Norwegen erschossen (1718). Im Frieden zu Stockholm 
(1720) trat Schweden Stettin und Vorpommern bis an die Peene mit den 
Inseln Usedom und Wollin an Preußen ab, das dadurch in den Besitz der 
wichtigen Odermündnngen gelangte. Die Ostseeprovinzen (Livland, Esthland, 
Jngermannlaud) und mehrere Inseln fielen an Rußland. — Die schwedische 
Herrschaft über die Ostsee war gebrochen und Rußland an die Stelle 
Schwedens getreten. 
Friedrich der Große (1740—1786). 
1. Friedrich als Kronprinz. Friedrich erhielt seinen ersten Unterricht 
nach damaliger Sitte durch französische Erzieherinnen, später durch einen 
französischen Lehrer, wodurch sich seine Vorliebe für die französische Sprache 
erklärt. Mit dem siebenten Jahre bekam er einen General als Erzieher, der 
ihn nach dem Wunsche des Vaters zu einem frommen Christen, tüchtigen 
Soldaten und sparsamen Haushalter erziehen sollte. Von nun an wurde der 
Prinz militärisch ausgebildet, und bereits mit zehn Jahren mußte er bei jedem 
Wetter vor dem Schlosse Schildwache stehen. Doch bald wurde der Prinz 
des militärischen Dienstes überdrüssig; er widmete sich lieber der Musik 
(Flötenspiel) und dem Lesen französischer Bücher. Infolgedessen trat ein recht 
unerfreuliches Verhältnis zwischen Vater und Sohn ein, so daß dem Sohne
	        
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