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Kriegsentschädigung viele Tausend Franzosen in den Festungen erhalten
werden. — Ans dem eroberten Lande zwischen Rhein und Elbe bildete
Napoleon das Königreich Westfalen mit der Hauptstadt Kassel, wo sein Bruder
Hieronymus als König ein verschwenderisches Leben führte.
4. Der Tod der Königin Luise. Das Unglück Preußens hatte die
schwankende Gesundheit der Königin schwer erschüttert; doch im tiefsten Leide
verlor sie nicht die Hoffnung auf bessere Zeiten und ertrug das Unglück des
Vaterlandes als eine Schickung Gottes. „Ich glaube fest an Gott und bin
der Hoffnung, daß ans die jetzige böse Zeit eine bessere folgen wird", schrieb
sie ihrem Vater. Ende des Jahres 1809 kehrte die königliche Familie nach
Berlin zurück; dort machte sich bei der Königin ein ernstliches Lungen- und
Herzleiden bereits bemerkbar. Sie hegte den innigen Wunsch, noch einmal
ihre Heimat und ihren Vater wiederzusehen; deshalb begab sie sich im Frühjahr
1810 nach Hohenzieritz, dem Lustschlosse ihres Vaters in Mecklenbnrg-Strelitz.
Hier verschlimmerte sich ihr Leiden; der König und die beiden ältesten Prinzen,
eilten an ihr Sterbebett. 34 Jahre alt, verschied die edle Dulderin am 19. Juli
1810. Mit dem Könige und der königlichen Familie trauerte das ganze Land
um die edelste Königin auf Preußens Throne. Der König ließ seine Gemahlin
im Mausoleum zu Charlottenbnrg beisetzen, wo auch er später an ihrer Seite
zur letzten Ruhe bestattet wurde. (Sarkophage von Rauch; Standbilder im
Tiergarten).
5. Preußens Wiedergeburt, a) Verwaltung. Nach dem unglücklichen
Kriege begann eine völlige Umgestaltung fast aller staatlichen Verhältnisse in
Preußen. Der König berief als ersten Minister den Frei Herrn vom Stein, der
den Grund zu einer Neuordnung der Verwaltung legte. Nach seinem Plan
wurden fünf Minister berufen (Äußeres, Inneres, Krieg, Justiz und Finanzen),
die dem Könige Gesetzesvorschläge zu unterbreiten und die Aufsicht über die Be¬
amten des Staates zu führen hatten. Die dem Staat gebliebene!: Provinzen
erhielten Oberpräsidenten, denen die Regierungspräsidenten der einzelnen Re¬
gierungsbezirke unterstellt wurden. Die Regierungsbezirke wurden in Kreise
eingeteilt und diese den Landräten zur Verwaltung übertragen.
b) Erlaß der Städteordnung. Die Städte erhielten durch den Erlaß
der Städteordnung (1808) das Recht der Selbstverwaltung. Die Bürger
hatten von nun an die Verwaltungsbehörden (die Stadtverordneten, die ihrer¬
seits den Magistrat wählten) ans ihren eigenen Reihen nach ihrem Vertrauen
zu wählen; der König ernannte den Bürgermeister ans drei von den Stadt¬
verordneten vorgeschlagenen Bewerbern. Ans dem Magistrat und den Stadt¬
verordneten bildeten sich besondere Gruppen (Deputationen) für die einzelnen
Gebiete der städtischen Verwaltung (Stenern, Schulen, Bauten, Armen-,
Waisen-, Krankenverwaltnng); außerdem wurden zahlreichen Bürgern Ehren¬
ämter in den einzelnen Stadtbezirken und Kommissionen (Einschulung, Steuer-
einschätzung, Armenverwaltung) übertragen. Auf diese Weise konnte jedem ein¬
zelnen Gebiete in allen Teilen der Stadt eingehende Sorgfalt gewidmet werden,
so daß neues Leben in die Entwickelung der Städte kam.