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einem Marmortische und schläft. Sein eisgrauer Bart ist bis auf die Füße durch
den Tisch gewachsen. Von Zeit zu Zeit erwacht er und schickt einen Zwerg hin¬
aus. Er soll nachsehen, ob die Raben noch um deu Berg fliegen. Wenn sie nicht
mehr da sind, wird der Kaiser aufstehen, seinen Schild an einen dürren Baum
hängen, der dann anfängt zu grünen, und das deutsche Kaiserreich in seiner alten
Herrlichkeit wieder aufrichten. In Kaiser Wilhelm I. ist Barbarossa wieder er¬
standen. Daher ist ihm auch auf dem Kyffhäuser ein Denkmal errichtet worden.
f. Das Fürstentum Schwarzburg-Sondcrshausen (Vée v. Brandenburg —
78 T.) besteht ebenfalls aus der Ober- und Unterherrschaft. Die Oberherrschaft liegt
am Thüringer Walde, die Unterherrschaft im Thüringer Hügellande. Hauptstadt
ist Sondershausen (7 T.).
g. Das Fürstentum Reust ältere Linie (Vm v. Brandenburg — 67 T.).
Hauptstadt Greiz (22 T.); reizende Lage irn Elsterthale.
h. Das Fürstentum Reust jüngere Linie (*/48 v. Brandenburg — 131 T.).
Hauptstadt Gera (43 T.), wichtige Fabrikstadt für feine Wollwaren. Die Resi¬
denz ist Schleiz.
5. Königreich Sachsen. (3/s v. Brandenburg — 3,8 M. E. — V28 kath.)
1. Bodengestalt. Sachsen hat die Gestalt eines Dreiecks, dessen Südostseite
von dem Erzgebirge (S. 88), dem Elbsandsteingebirge und dem Lausitzer
Gebirge gebildet wird. Nach Norden hin dachen sich diese Gebirge allmählich zur
Tiefebene ab und bilden so das sächsische Berg- und Hügelland. Daher schlagen
auch die Flüsse, die von diesen Gebirgen kommen, wie Freiberger und Zwickauer
Mulde, Zschopau u. a. eine nördliche Richtung ein.
2. Gewerbthätigkeit. Das Erzgebirge lockte durch seinen Erzreichtum schon
vor Jahrhunderten viele Bergleute herbei, und bald erblühten die Bergstädte Frei-
berg, Zwickau, Annaberg u. a. Heute aber ist der Bergbau nicht mehr sonderlich
lohnend. Die Bevölkerung hat sich daher vielfach der Gewerbthätigkeit, namentlich
der Wollweberei und -spinnerei, zugewandt. Diese wird jetzt überall in großartigen
Fabriken durch Maschinen betrieben. Das Brennmaterial dazu liefern das Stein¬
kohlenlager im plauenschen Grunde bei Dresden und das Steinkohlenlager zwischen
Chemnitz (kemnitz) und Zwickau. In all den kleinen Flußthälern, besonders im
Thal der Zwickauer Mulde, reiht sich eine Fabrikstadt an die andre. Dichter Qualm
umhüllt die Häuser, und das Geklapper der Maschinen betäubt unser Ohr. Da
werden Flanelle, Teppiche, Wachstuche, Kleiderstoffe, Handschuhe, Strümpfe und
tausend andre Dinge verfertigt, die sogar nach Brasilien und Australien hin ver¬
sandt werden. Der Hauptort dieser großartigen Gewerbthätigkeit ist Chemnitz
(161 T.), das „sächsische Manchester". Daneben sind aber auch Zwickau, Glau¬
chau, Reichenbach und Plauen sehr lebhafte Fabrikstädte. Diese großartige
Fabrikthätigkeit hat in Sachsen eine so dichte Bevölkerung hervorgerufen, wie sie
kein zweites Land in Europa aufzuweisen hat. —• (Auf 1 qkm kommen in Sachsen
durchschnittlich 252 Menschen, in Belgien 215, in Schweden und Norwegen nur 9.)
3. Das Elbthal vom Elbsandsteingcbirge bis Meisten. Auf der Grenze
zwischen Böhmen und Sachsen durchbricht die Elbe das Sandsteingebirge, das sich
wie ein Keil zwischen das Erz- und Lausitzer Gebirge einschiebt. Ehemals war
die ganze Sandsteinmasse eine einzige große Platte, aus einzelnen übereinander
lagernden Sandsteinschichten zusammengesetzt. Diese Platte wurde daun von der
Elbe und deu kleinen dort ihr zufließenden Seitenbächen dermaßen durchnagt, daß
ein Gebirge daraus entstand, aber eins mit lauter platten Gipfeln. Wie zwei mäch¬
tige Säulen erheben sich rechts von der Elbe der Lilienstein und links der stark
befestigte Königstein. Die besuchtesten Punkte dieser „sächsischen Schweiz" sind
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