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um Varus und sein Heer recht tief in die Wälder hineinzulocken. Arglos brach er
aus seinem Lager auf und zog durch den dichten Wald an der Weser hin. Hier aber
fiel Hermann mit seinen Truppen, die er an einem bestimmten Platze bereit gehalten
hatte, plötzlich aus dem Dickicht des Waldes die Römer an. Anfangs schossen sie von
weitem mit ihren Pfeilen, dann aber rückten sie dicht heran. Der Regen floß in Strömen
herab, die Bogensehnen der Römer erschlafften, und mit ihren schweren Harnischen
sanken sie in den weichen Boden ein. Desto mutiger waren die Deutschen. Aus jedem
Busche drangen sie hervor, von jedem Baume schleuderten sie Speere ohne Zahl auf die
erschrockenen Römer herab. Endlich — es war der dritte Tag — erreichten diese ein
offenes Feld westlich von Detmold. Der Kampf begann aufs neue, und die Römer
wurden fast gänzlich vernichtet. Als Varus sah, daß alles verloren war, stürzte er
sich verzweiflungsvoll in sein Schwert. Augustus aber, von dem Ausgange der
Schlacht benachrichtigt, zerriß wehklagend seine Kleider, rannte wie ein Wahnsinniger
mit dem Kopfe gegen die Wand und rief: „Varus, Varus, gieb mir meine Legionen
wieder!" 1875 ist dem Befreier Deutschlands auf dem Teutoburger Walde, unweit
Detmold, ein Denkmal errichtet worden.
5. Einfluß der Römer auf die Deutschen. Die Spuren der Römer finden wir noch
heute in Deutschland. So sieht man z. B. in der Rhein- und Maingegend noch hin und
wieder die Überreste eines Pfahlgrabens (Grenzwalles), den die Römer damals an der
Grenze ihres Besitzes gezogen haben. Aus den Standlagern der Römer entstanden vielfach
Städte (Trier, Köln, Worms, Xanten, Straßbnrg u. v. a.). Die Städte versah man nach
Art der Römer mit Abzugskanälen, Wasserleitungen und öffentlichen Bädern. Die Ufer
der Mosel und des Rheins wurden mit Reben bepflanzt und edlere Obstbäume von
Italien aus eingeführt. Durch die Römer lernte man auch allerlei feine Gartenfrüchte und
eine bessere Bestellung des Bodens kennen. Dazu kam noch ein lebhafter Handel, der zwischen
beiden Ländern angebahnt wurde. Für Sklaven, Pferde, Rinder, Pelze, Honig u. s. w.
tauschten die Deutschen Wein, Zeuge, Schmucksachen, Waffen, römisches Geld u. s. w. ein.
III. Völkerwanderung, Gründung des Frankenreichs und
Einsührung des Christentums in Deutschland.
4. Die Völkerwanderung und die Hunnenschlacht.
1. Einfall der Hunnen. Völkerwanderung. Ums Jahr 375 n. Chr.
kamen die Hunnen, ein wildes Reitervolk, aus den Steppen Asiens nach Europa.
Sie hatten hervorstehende Backenknochen, schiefgeschlitzte Augen, schwarzes, struppiges
Haar, gelbe Gesichtsfarbe und waren sehr roh und grausam. Bei ihrem Einfall in
Europa verdrängten sie zunächst die Alanen (zwischen Wolga und Don) und dann
die Ost- und Westgoten (durch den Dniester getrennt). Diese Völker verdrängten
wieder andere, und so entstand eine große Bewegung unter fast allen Völkern Europas,
die an 200 Jahre dauerte und mit dem Namen „Völkerwanderung" bezeichnet wird.
2. Alarich. Um das Jahr 400 stand an der Spitze der Westgoten der König
Manch. Dieser machte sich mit ihnen auf und zog nach Italien. Siegreich rückte er
bis vor die Thore der Stadt Rom. Die Römer ergriff Angst und Entsetzen; denn seit
400 Jahren war kein Feind der Stadt so nahe gekommen. Bald entstand in Rom
eine entsetzliche Hungersnot, und Hunderttausende wurden eine Beute des Todes. In
dieser Not schickte der Senat zwei Gesandte an Alarich und ließ um Frieden bitten. Aber
noch prahlten diese: „Unzählbar sind unsere Heere und in den Waffen wohl geübt."
Alarich erwiderte lachend: „Je dichter das Gras, desto leichter das Mähen." Diese
Antwort machte die Gesandten demütig, und sie fragten: „Was willst du von uns
haben?" „All euer Gold und Silber, alle kostbaren Gerätschaften," war seine Ant-