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Geschichte.
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bezeichnete er selbst die hohe Ausgabe, die er sich für seine Regierung gestellt hat.
Einige Tage nach seinem Regierungsantritt gelobten ihm die Vertreter des Volkes
im Preußischen Landtage und im Deutschen Reichstage Treue und Gehorsam
in guten und in bösen Tagen. Aitch die deutschen Fürsten versammelten sich in
Berlin, brachten dem Kaiser ihre Huldigung dar und bewiesen damit aller Welt,
daß sie auch unter dem neuen Herrscher treu und fest zusammenhalten wollten.
3. Wilhelm II. als Schirmherr des Friedens. Als die deutschen Fürsten
dem Kaiser huldigten, gelobte er: „Ich bin entschlossen, Frieden zu halten
mit jedermann, soviel an mir ist." Dieses Gelübde hat er treu gehalten.
Durch die Besuche an europäischen Höfen erwarb er sich Achtung und Ver¬
trauen bei fremden Fürsten und Völkern. Er erkannte, daß der Dreibund
die sicherste Bürgschaft für den europäischen Frieden sei. Deshalb hielt er ihn
mit großer Staatsweisheit aufrecht, obgleich hin und wieder Versuche gemacht
wurden, die Verbündeten auseinanderzubringen. Anfangs stand ihm als
erfahrener Ratgeber Fürst Bismarck zur Seite. Bald aber gingen die Meinungen
des jungen Kaisers und des greisen Reichskanzlers in wichtigen Dingen weit aus¬
einander. 1890 erhielt Fürst Bismarck den erbetenen Abschied und zog sich nach
Friedrichsruh bei Hamburg zurück. Unter seinen Nachfolgern hat sich besonders
Fürst Bülow um die Erhaltung des Friedens verdient gemacht. Als im Jahre
1909 zwischen Serbien und Österreich Krieg auszubrechen drohte, erklärte er
im Reichstage, daß das Deutsche Reich in Bundestreue Österreich zur Seite
stehen würde, und sicherte dadurch den Frieden.
4. Der Kaiser wahrt Deutschlands Ehre. Bei aller Friedensliebe wußte
der Kaiser aber jederzeit Deutschlands Ehre zu wahren. Im Jahre 1900 wurde
iu Peking, der Hauptstadt von China, der deutsche Gesandte ermordet. Auch
die Gesandten andrer Länder wurden von den Chinesen eingeschlossen und
bedroht. Eine kleine Abteilung von Truppen verschiedener Länder vermochte
die bedrängten Gesandten nicht zu befreien. Dies gelang erst einer größeren
Truppenmacht, zu der auch 20000 Deutsche gehörten. Der deutsche General
Graf Waldersee führte den Oberbefehl über alle vereinigten Truppen, stellte
Ruhe und Ordnung in China her und erzwang Genugtuung für die Ermordung
des deutschen Gesandten.
Als im Jahre 1904 in Deutsch-Südwestafrika ein großer Aufstand ausbrach,
sandte der Kaiser Truppen dorthin, so daß der Aufstand nach dreijährigem Kampfe
unterdrückt wurde. Die deutschen Truppen hatten in dem wüsten, heißen,
wasserarmen Lande viel zu leiden und wurden von heimtückischen Feinden
umschwärmt. Aber mit Mut, Tapferkeit, Opferfreudigkeit und Ausdauer
errangen sie dennoch den Sieg und wahrten das Ansehen des Reiches dem
Auslande gegenüber.
5. Sorge für Heer und Flotte. Nach seinem Regierungsantritt erließ
der Kaiser als oberster Kriegsherr einen Armeebefehl an Heer und Flotte, in
dem es hieß: „So gehören wir zusammen, Ich und die Armee; so sind wir für¬
einander geboren, und so wollen wir unablässig fest zusammenhalten, möge