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geschähe dies ihrer giftigen Säfte wegen, während die sastftrotzende, neue Knolle ihrer
heilsamen Säfte halber vom Wasser getragen werde. — (Aus dem Mehl der Knollen
gewinnt man den Salep, eine beliebte Kindernahrung.)
3. Die WküLen. Von den lieblichen Blüten des Knabenkrauts entspringt
jede in dem Winkel eines schmalen Deckblättchens. Scheinbar hat sie einen dicken,
grünen, gedrehten Stiel. Schneiden wir aber diesen vermeintlichen Stiel durch, so
erkennen wir in ihm den Fruchtknoten. Die Blüten sind also ungestielt. Daher ist
der Blütenstand auch keine Traube, wie man bei oberflächlicher Betrachtung annehmen
möchte, sondern eine Ähre. (Wodurch unterscheiden sich beide?) An jeder Blüte unter¬
scheiden wir 3 äußere und 3 innere Blütenblätter; 2 dieser letztern bilden mit den 3
äußeren eine helmartige Oberlippe, während das 3. innere eine dreilappige, schön ge¬
zeichnete Unterlippe darstellt und nach unten hin in einen hohlen Sporn verlängert
ist, in dessen saftiger Wandung Honig sitzt.
22. Jnsektenbeftäulmrig.
Wie notwendig die Mitwirkung der Insekten bei der Befruchtung vieler Pflanzen ist,
sehen wir besonders am Knabenkraut. Stempel und Staubblatt desselben sind zu einem
Körper, der „Griffelsäule", verwachsen. Das Staubblatt enthält in 2 voneinander getrennt
stehenden Fächern den Blutenstaub. Die Pollen werden aber von einem klebrigen Safte
zusammengehalten und bilden in jedem der beiden Fächer einen wachsähnlichcn Körper.
Sic sind deshalb verhindert, auseinander zu stäuben, und können mithin durch Selbst¬
bestäubung nicht auf die Narbe gelangen. Es würde sich daher keine Frucht bilden, wenn
nicht der Blutenstaub in anderer Weise auf die Narbe getragen würde. Die geschieht näm¬
lich durch Insekten. Wunderbar ist cs, wie nun auch der ganze Blütcnbau so bequem für
die Jnsektenbcstäubung eingerichtet ist, ja, wie er gleichsam die Insekten zwingt, die Be¬
stäubung zu besorgen. Das unterste Blatt des innern der beiden Blütenblattkreisc breitet
sich nach vorn zu einer dreilappigen „Honiglippe" aus und gewährt wegen seiner Breite
dem Insekt einen bequemen Sitzplatz. Auch scheint es ihm durch seine lebhaft punktierte
Färbung, das „Saftmal", gleichsam den Weg zu dem süßen Mahle im Honigsporn zu
zeigen. Sobald das Insekt, beispielsweise eine Schucpfcnfliege, auf der geräumigen Honig¬
lippe Platz genommen, steckt cs seinen Rüssel in den Sporn, stößt aber dabei mit dem
Kopfe au ein kleines Näpfchen an der Griffclsäulc, das sog. „Schnäbclchcn", das bei der
Berührung wie eine elastische Feder zurückspringt. In die Flüssigkeit des Näpfchens ragt
der wachsähnliche Körper des Staubblattes mit seinem untersten Teile (dem „Klebschcibchen")
hinein. Sobald nun das Insekt das „Schnäbclchcn" mit seinem Kopfe berührt, springt
dasselbe zurück, und plötzlich sitzen die Pollcnmasscn mit den Klebschcibchen auf den Augen
des erstaunten Insekts fest. Unwillig fliegt cs zur Blüte einer andern Pflanze. Unterwegs
biegen sich die anfangs senkrecht stehenden Stielchen der beiden Pollcnkörper von selbst
wagcrecht, und so stößt die Fliege mit denselben bei der nächsten Blüte an die Narbe und
überträgt auf diese den Blütenstaub. (Wenn man mit einer spitzen Blcisedcr in den Sporn
binciufährt, so wird sich das Klebschcibchen auf der Spitze festsetzen und sich so der Pollen
aus der Blüte herausziehen lassen.)
IV. Der Watd Zur Waienzeit.
Es ist ein sonniger Maientag. Frische, kühle Waldluft umgiebt uns. Ein schwel¬
lendes Mooslager ladet uns zum Ausruhen ein. Über uns rauschen Buchen und
Eichen im ersten Maiengrün, und aus der Ferne schimmert uns die weiße Rinde der
Birke gar freundlich entgegen. Hier entfaltet das Farnkraut bereits seine Wedel; dort
lächeln uns Goldnessel, Maiglöckchen u. a. Waldblumen freundlich an. — Und welch
rin reges Leben in der Tierwelt herrscht hier! Im Wipfel hüpft das muntere Eich¬
hörnchen. Unten aber raschelt's im Laube — cs ist die flillke Eidechse. Horch, da
knackt es im Gebüsch! Ein Reh läuft durchs dichte Unterholz. Jetzt wieder ist alles
still. Plötzlich erklingt's tick! tick! tack! tack! — Der Specht hämmert am Baume —
und dazwischen erschallt das anmutige Rufen des Kuckucks. O, welch eine Lust, im
Walde zu leben!