— 49 -
dann ergriff die Soldaten ein unheimliches Grauen. Sie hielten ihn für unverwund¬
bar und mit dem Teufel im Bunde.
6. Wcrllenstein zieht gegen den Jeind. Bald rückte Wallenstein mit seinem
Heere aus und schlug den Grafen Mansfeld an der Dessauer Brücke. Dann verfolgte
er den Dänenkönig Christian, der von Tilly bei Lutter am Barenberge geschlagen war
und nun auf seine Inseln flüchtete. Dorthin konnte ihm Wallenstein aber nicht folgen,
weil er keine Schiffe hatte. Jetzt nahm er sich vor, eine kaiserliche Seemacht in der
Ostsee zu gründen. Er Vertrieb deshalb die Herzoge von Mecklenburg und Pommern
und nahm ihre Länder in Besitz. Die feste Hansastadt Stralsund aber wagte es, ihm zu
trotzen, und verschloß ihm ihre Thore. Wallenstein belagerte sie, allein hier scheiterte
zum erstenmale sein Glück. Er mußte mit empfindlichem Verluste die Belagerung
aufgeben. Noch kurz vorher soll er stolz ausgerufen haben: „Und wenn sie mit Ketten
an den Himmel gebunden wäre, so müßte sie doch herunter."
7. Wiederer-stcrtturrgsbefehk. Im Jahre 1629 erließ der Kaiser auf Antrieb
der Jesuiten den Befehl, die Protestanten sollten alle eingezogenen Kirchengüter
wieder herausgeben; auch sollte es den katholischen Fürsten freistehen, ihre evange¬
lischen Unterthanen mit Gewalt zur katholischen Kirche zurückzuführen. Ein Schrei
tiefster Entrüstung ging durch das protestantische Deutschland. Selbst Wallenstein
mißbilligte diesen „unverständigen Religionseifer am kaiserlichen Hofe"— aber alle
Beschwerden der Fürsten und der Städte waren umsonst. Da wagte es Magdeburg —
ermutigt durch das Beispiel Stralsunds — sich offen dem kaiserlichen Befehle zu
widersetzen. Schon rückte Pappenheim, einer der kühnsten unter den Hauptleuten
Wallensteins, herbei, um den Widerstand des „Ketzernestes" zu brechen — aber ein
unerwartet eintretendes Ereignis hinderte ihn an der Ausführung seines Vorhabens,
nämlich die Absetzung Wallensteins.
8. Wcrllensteins Absetzung. Schon längst war Wallenstein bei den Fürsten
seines unerhörten Übermutes wegen verhaßt. Sein durch Schandthaten gebrand-
marktes Heer verübte überall die größten Grausamkeiten. Die Offiziere schwelgten
von dem Gute des im Elende schmachtenden Bauern. Was eie rohen Soldaten nicht
verzehren konnten, verdarben sie aus Mutwillen. Da forderten die Fürsten auf dem
Kurfürstentage zu Regensburg mit Ungestüm die Entlassung Wallensteins. Mit
schwerem Herzen fügte sich der Kaiser und willigte in Wallensteins Absetzung. Dieser
zog sich rachebrütend mit ungeheuren Schätzen aus seine mährischen Güter zurück.
9. Hustcrr» Adolf. Als die Not der Evangelischen durch den „Wiedererstattungs-
befehl" des Kaisers aufs höchste gestiegen war, da nahte sich ihnen auch der Retter.
Es war der Schmedenkönig Gustav Adolf. Er zeichnete sich durch eine tiefe Frönimig-
keit aus, hielt auf strenge Manneszucht bei seinen Soldaten und teilte mit ihnen alle
Mühen und Gefahren. Durch die Not der evangelischen Gkaubensbrüder gerührt,
beschloß er, ihnen Hilfe zu bringen. Diesen Entschluß führte er um so lieber aus, als
er durch die Pläne Wallensteins wegen der Erhaltung seiner Ostseeherrschaft beunruhigt
und auch durch die Vertreibung der mecklenburgischen Herzöge, seiner Verwandten,
gereizt worden war. Der Kaiser spöttelte, wie man erzählt, bei seiner Kriegserklä¬
rung: „Wir haben ein neues Feindet bekommen!" Aber Tilly sagte ernst: „Majestät,
kein Feinde!, einen rechten Feind." Scherzweise nannte man ihn auch wohl den
„Schneekönig". Mit nur 15 000 seiner Kerntruppen landete er in Pommern. Er
selbst war der erste, der in Usedom ans Land stieg. Hier warf er sich im Angesicht
seines Heeres auf die Knie nieder und betete. Als er sah, daß sich die Augen seiner
Offiziere und Soldaten mit Thränen füllten, sprach er: „Weinet nicht, sondern betet.
Je mehr Betens, desto mehr Sieg. Fleißig gebetet, ist halb gefochten." Zuerst ver¬
trieb er die Kaiserlichen aus Pommern, Mecklenburg und Brandenburg. Da hörte
er, daß Magdeburg von Tilly belagert werde, und sofort beschloß er, der Stadt zu
kahmneyer u. Schulze. Realien»uch A. (L Beschichte.) 4