Full text: Allgemeines Realienbuch

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mit den Worten: „Guten Morgen, Herr Torschreiber!" aus dem Bette 
heraus, weil dieser morgens die Bauern lange vor dem Tore warten ließ. 
b) Der absolute König. Er sagte: Die königliche Gewalt ist 
von Gott eingesetzt und mir übertragen worden; meine Macht ist un¬ 
begrenzt. Deshalb verlangte er von jedem Untertanen, von dem 
Minister bis zum Tagelöhner herab, unbedingten augenblicklichen Ge¬ 
horsam ohne Widerrede. „Räsonniere er nicht!" suhr er den an, der 
nicht augenblicklich gehorchte. Die Stände berief er nicht. Als sich 
die Stände von Preußen 1716 über Beeinträchtigung ihrer Rechte 
beschwerten, erklärte er, daß er die Souveränität feststelle wie einen 
Felsen von Erz. So regierte Friedrich Wilhelm nur nach seinem 
Willen, er regierte absolut. Sein Wille aber kannte eine Schranke, 
das war sein Gewissen, das Bewußtsein: Du hast für alle deine 
Handlungen Gott, der dich eingesetzt hat, Rechenschaft abzulegen. 
e) Die Gestaltung des Heerwesens. Unablässig war der König 
für Mehrung und tüchtige Ausbildung des Heeres tätig; er brachte 
es von 38 000 aus 83 000 Mann. Ein großer Teil des Heeres 
wurde im In- und Auslande für Geld angeworben. Die fehlenden 
Soldaten gewann der König durch das Kantonssystem. Das Land 
wurde in militärische Bezirke, Kantons genannt, eingeteilt; jedes 
Regiment erhielt einen Kanton überwiesen, aus dem es seinen Re¬ 
krutenbedarf deckte. Bon der Wehrpflicht befreit wurden die selbstän¬ 
digen Leute, die Besitzer der Güter, auch die einzigen Söhne der 
Bauern, in den Städten die Hausbesitzer, Kaufleute und Gewerbe¬ 
treibenden. Zur Aushebung gelangten also meist Knechte, Tagelöhner, 
Gesellen und die jüngeren Söhne der Bauern. Des Königs Lieb¬ 
lingsregiment war sein Leibregiment in Potsdam, das aus „langen 
Kerlen" bestand. Für die Anwerbung und Unterhaltung dieses Regi¬ 
mentes gab er trotz seiner Sparsamkeit Riesensummen aus. Diese 
Riesengarde und das Regiment des alten Dessauers in Halle wurden 
die Musterregimenter für die ganze Armee. Der alte Deflauer führte 
den eisernen Ladestock und den Gleichschritt ein. Die Ausbildung der 
Soldaten erfolgte mit dem größten Eifer, und bald stand das preu¬ 
ßische Heer in seinen Leistungen unerreicht da. Das war besonders 
bewundernswert, weil das Heer nur zur einen Hälfte aus Landes¬ 
kindern, zur anderen aber aus den verlorenen Söhnen des Aus¬ 
landes bestand. Rur durch eine äußerst strenge Zucht konnten diese 
großen Erfolge erzielt werden. Wer eine Kleinigkeit versah, bekam 
den Korporalstock zu kosten. Das Desertieren wurde mit Spießruten¬ 
laufen bestraft. Sein besonderes Augenmerk richtete der König dar¬ 
aus, sich ein tüchtiges, treues Offizierkorps zu schaffen. Er ernannte 
die Offiziere selbst und suchte in ihnen das Gefühl der Standesehre 
.zu wecken. 
d) Gründung der preußischen Verwaltung. König Friedrich 
Wilhelm hat die Verwaltung des Staates musterhaft eingerichtet. Bis- 
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