Full text: Für die Oberstufe (Theil 2)

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heiten erbaut. Man trat zu diesen Tempeln durch großartige Säulen¬ 
gänge und Vorhallen. Das Tempelgebäude selbst hatte zwei Abtheilungen; 
die erste, in die man eintrat, glänzte von Gold, Silber und Edelsteinen 
und war durch einen Vorhang abgesondert von dem zweiten, innersten und 
heiligsten Raume. Der Priester, welcher den fremden Besucher des Heilig¬ 
thums empfangen hatte, näherte sich mit ihm in stiller Ehrfurcht dem Vor¬ 
hänge, hinter dem die Gottheit wohnte; und wenn nun der Vorhang weg¬ 
gezogen war, erblickte man etwa eine Katze oder ein anderes Thier. 
Von Osiris, ihrem vornehmsten Gott, glaubten die Ägypter, daß er in 
einem schwarzen Stier wohne, der auf der Stirn einen weißen Stern und 
auf dem Rücken und an anderen Theilen des Leibes allerlei bestimmte 
Zeichen habe. Einen solchen Stier nannte man den Apis; und der gemeine 
Glaube war, daß der Geist des Osiris von dem Apis, welcher starb, wieder 
in einen neuen Apis übergehe, wie denn die Ägypter auch von den Men¬ 
schenseelen glaubten, daß sie nach dem Tode 3000 Jahre lang durch Thiere 
des Landes und des Meeres, vierfüßige und beflügelte wandern müßten, 
bevor sie wieder mit einem menschlichen Körper vereinigt würden. Die Zeit 
nach dem Tode eines Apis war für Ägypten eine Trauerzeit, bis ein neuer 
gefunden war. Sobald sich aber das Gerücht verbreitete, daß irgendwo 
eine Kuh ein männliches Kalb von dieser Zeichnung geworfen habe, war 
das Land voll von Jubel, und alle legten ihre schönsten Kleider an. Man 
brachte das Kalb, nachdem es vier Monate alt geworden war, auf einem 
kostbar verzierten Schiffe nach der Hauptstadt Memphis, woselbst es einen 
Tempel und um denselben schöne Gärten mit frischem Brunnenwasser fand. 
Der Mann, von dessen Herde der Apis kam, wurde für den glücklichsten 
unter den Sterblichen angesehen und von dem ganzen Volke mit Bewun¬ 
derung betrachtet. 
Wenn das Land durch das Übermaß der Hitze dürre lag, oder wenn 
die Pest oder sonst ein allgemeines Übel das Land heimsuchte, so führten 
die Priester etliche der Thiere, in denen sie ihre Götter verehrten, an einen 
abgesonderten Ort, woselbst sie ihnen zuerst die Noth des Landes vorstellten, 
Abhilfe verlangten und sie ernstlich bedroheten, wofern diese nicht erfolgen 
würde. Wenn dann nach einiger Zeit keine Änderung zum Bessern ein¬ 
trat, so tödteten die Priester dieselben Thiere, welche sie zu ihren Göttern 
gemacht hatten. 
118. Die Spartaner. 
1. Die Spartaner und die Athener waren die beiden Hauptvölker der Griechm. 
Jene wohnten in Lakonien in Südgriechenland. Ihren Ruhm und ihre Stärke ver-
	        
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