Full text: Das fünfte Schuljahr

319 
Herrschaft. Schrecklich wütete diese wider ihre Gegner. Wer sich 
ihnen nicht anschloß, galt als Verräter nnd wurde gefangen gesetzt oder 
enthauptet. Auch der König Ludwig XVI. und seine Gemahlin wurden 
hingerichtet. Aber nicht nur das Königtum, sondern auch das Christen¬ 
tum und die christliche Zeitrechnung wurde abgeschafft. Jeder Gottes¬ 
dienst war bei Strafe verboten. Die Klöster wurden geplündert und 
ihre Bewohner ermordet. Alle Standesunterschiede unter den Menschen 
hörten auf. — Um den französischen König zu schützen, später um 
seinen Tod zu rächen, war Friedrich Wilhelm II. mit dem deutschen 
Kaiser gegen Frankreich ausgezogen. Doch gegen die wilden Volksheere 
der Franzosen vermochten sie nicht viel auszurichten. Friedrich Wil¬ 
helm trat bald von seinem unthätigen Verbündeten zurück und überließ 
im Frieden zu Basel (1703) den Franzosen das linke Rheinufer. Nun 
hatte Preußen zwar Ruhe gewonnen, aber sehr von seinem Ansehen 
in Deutschland eingebüßt. 
d) Friedrich Wilhelms Ländererwerbungen. Den 
Verlust im Westen suchte Friedrich Wilhelm II. durch neuen Länder¬ 
erwerb im Osten auszugleichen. In Polen war die Unordnung immer 
größer geworden. Das Land war im Innern uneinig und nach außen 
schwach. Es gab zwei Adelsparteien in Polen, die sich gegenseitig 
bekämpften. Als sich die eine Partei an Rußland um Hilfe wandte, 
ließ auch Preußen Truppen in Polen einrücken und Danzig nnd Thorn 
besetzen. Man einigte sich zur zweiten Teilung Polens (1793). 
Preußen erhielt Danzig und Thorn und ansehnliche Teile von Gro߬ 
polen, welche Neusüdpreußen benannt wurden. — Die Polen 
griffen jetzt zu den Waffen, um die Unabhängigkeit ihres Landes zu 
retten. Doch der Übermacht der Preußen und Russen gelang es bald. 
die Polen zu unterwerfen. Im Jahre 1795 kam es zur dritten 
und letzten Teilung Polens. Friedrich Wilhelm erhielt 97eri¬ 
ll st Preußen mit Warschau. Diese Ländererwerbungen waren 
aber nur von geringem Nutzen; denn das Land war wenig bebaut 
und kostete mehr, als es einbrachte. Preußen hatte unter der Re¬ 
gierung Friedrich Wilhelms II. bedeutend an Flächeninhalt zugenommen, 
aber an seiner Großmachtstellung in Europa hatte es doch wesentliche 
Einbuße erlitten. Es war auch nicht mehr so mächtig, als es beini 
Tode Friedrichs des Großen gewesen war. Wohl war Friedrich Wil¬ 
helm II. vom besten Willen beseelt, aber zur Durchführung des Er¬ 
strebten fehlte es ihm häufig an der festen Herrscherkraft. Die Kriege
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.