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Herrschaft. Schrecklich wütete diese wider ihre Gegner. Wer sich
ihnen nicht anschloß, galt als Verräter nnd wurde gefangen gesetzt oder
enthauptet. Auch der König Ludwig XVI. und seine Gemahlin wurden
hingerichtet. Aber nicht nur das Königtum, sondern auch das Christen¬
tum und die christliche Zeitrechnung wurde abgeschafft. Jeder Gottes¬
dienst war bei Strafe verboten. Die Klöster wurden geplündert und
ihre Bewohner ermordet. Alle Standesunterschiede unter den Menschen
hörten auf. — Um den französischen König zu schützen, später um
seinen Tod zu rächen, war Friedrich Wilhelm II. mit dem deutschen
Kaiser gegen Frankreich ausgezogen. Doch gegen die wilden Volksheere
der Franzosen vermochten sie nicht viel auszurichten. Friedrich Wil¬
helm trat bald von seinem unthätigen Verbündeten zurück und überließ
im Frieden zu Basel (1703) den Franzosen das linke Rheinufer. Nun
hatte Preußen zwar Ruhe gewonnen, aber sehr von seinem Ansehen
in Deutschland eingebüßt.
d) Friedrich Wilhelms Ländererwerbungen. Den
Verlust im Westen suchte Friedrich Wilhelm II. durch neuen Länder¬
erwerb im Osten auszugleichen. In Polen war die Unordnung immer
größer geworden. Das Land war im Innern uneinig und nach außen
schwach. Es gab zwei Adelsparteien in Polen, die sich gegenseitig
bekämpften. Als sich die eine Partei an Rußland um Hilfe wandte,
ließ auch Preußen Truppen in Polen einrücken und Danzig nnd Thorn
besetzen. Man einigte sich zur zweiten Teilung Polens (1793).
Preußen erhielt Danzig und Thorn und ansehnliche Teile von Gro߬
polen, welche Neusüdpreußen benannt wurden. — Die Polen
griffen jetzt zu den Waffen, um die Unabhängigkeit ihres Landes zu
retten. Doch der Übermacht der Preußen und Russen gelang es bald.
die Polen zu unterwerfen. Im Jahre 1795 kam es zur dritten
und letzten Teilung Polens. Friedrich Wilhelm erhielt 97eri¬
ll st Preußen mit Warschau. Diese Ländererwerbungen waren
aber nur von geringem Nutzen; denn das Land war wenig bebaut
und kostete mehr, als es einbrachte. Preußen hatte unter der Re¬
gierung Friedrich Wilhelms II. bedeutend an Flächeninhalt zugenommen,
aber an seiner Großmachtstellung in Europa hatte es doch wesentliche
Einbuße erlitten. Es war auch nicht mehr so mächtig, als es beini
Tode Friedrichs des Großen gewesen war. Wohl war Friedrich Wil¬
helm II. vom besten Willen beseelt, aber zur Durchführung des Er¬
strebten fehlte es ihm häufig an der festen Herrscherkraft. Die Kriege