Full text: Lesebuch für ein- und zweiklassige Volksschulen

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Scfynee eine gute Bahn giebt. Auf manchen, den Kunststraßen fern¬ 
liegenden Höfen verläßt das Hferd während dieser Zeit den Stall 
nur, um auf dem gepflasterten Hosplatz ein wenig Bewegung zu 
finden. Die Ochsen werden überall sorgfältig gemästet, um ebenso 
wie im Herbst als Fettvieh nach England, Hamburg und den 
rheinischen Großstädten verkauft zu werden. Aber auch den Kühen 
wird große Sorgfalt gewidmet. Wie im Sommer, besonders in 
der Wilstermarsch, die Käsebereitung, so bildet im Winter die Ge¬ 
winnung der Butter einen Hauptnahrungszweig der Marschbewohner. 
2. Das Bild reicher Fruchtbarkeit und üppiger Fülle, das die 
Marsch heutigen Tages bietet, verdankt sie in höherm Maße als 
andre Gegenden dem andauernden, Jahrhunderte langen Fleiße ihrer 
Bewohner. Wohl selten ist der Unterschied zwischen dem gegen¬ 
wärtigen Zustande einer Landschaft und dem am Beginn ihrer 
Geschichte nachweisbaren ein so großer wie hier; denn nicht nur 
die Bebauung, sondern zum guten Teil auch die Gewinnung des 
Landes selber ist ein Werk der Menschen. 
Tag für Tag spült das Meer einen fetten Schlick an die Küste. 
Wenn das graue Watt durch die fortschreitende Schlickablagerung 
allmählich eine Höhe erreicht hat, daß sich dort die erste Hflanzen- 
bildung, der „(Queller", zeigt, so sängt man an, es mit flachen 
Gräben („Grüppeln") von etwa f,50 m Breite und 0,25 m Tiefe 
zu durchziehen. Die aufgeworfene Erde dient zur Erhöhung des 
Watts, zur Ausfüllung der niedrigeren Stellen und der „Hrielen"; 
das sind Rinnen, die der Ebbstrom bildet. Die gegrabenen Rinnen 
aber fördern die Entwässerung des Watts, wodurch der Boden an 
Festigkeit gewinnt und für die Hflanzenbildung geeigneter wird. 
Die für die Landgewinnung äußerst wichtige Arbeit des 
„Grüppelns" könnte stellenweise, wo nämlich die Schlickablagerung 
besonders stark ist, jährlich geschehen, wird aber wegen der damit 
verbundenen großen Kosten gewöhnlich nur alle 2—5 Zahre vor¬ 
genommen. 
Hat das Watt die gewöhnliche Fluthöhe erreicht, so entwickelt 
sich der „Queller" rasch und üppig; das graue Watt verwandelt 
sich in grünes Borland; doch ist dieses noch zu weich, um den 
Fußtritt des Wanderers zu vertragen. 
Das Grüppeln wird fortgesetzt, und weil der Schlick an Festig¬ 
keit gewonnen hat, werden die kleinen Gräben bei halber Breite 
der früheren in doppelter Tiefe ausgeführt.
	        
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