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Um seine Nahrung zu nehmen, schießt der Wal pfeilschnell mit
weit geöffnetem Rachen auf der Oberfläche des Wassers hin und
ffscht eine große Menge von Tierchen. Beim Schließen des Rachens
werden diese in dem Faserpelz der Barten wie in einem Netze
gefangen, während das durchseihte Wasser durch den Druck der
Zunge durch zwei Spritzlöcher auf dem Scheitel seines Kopfes wie
zwei mächtige Springbrunnen in die Luft spritzt. Die Beute wird
mit der Zunge zerrieben und verschluckt. So strömt dem Barten¬
wale seine Nahrung wie von selbst in den Rachen, damit die
kleinen Geschöpfe den Riesen ernähren. Die Nasen- oder Spritz¬
löcher sind auf dem erhabenen Scheitel angebracht, damit das Tier
beim Atmen den Kopf nicht über das Wasser zu heben braucht.
Alle Teile seines Körpers sind aufs zweckmäßigste für seine
Lebensweise gebaut. Unter einer grauschwarzen, schuppenlosen
Haut liegt eine Speckschicht, welche, ein halbes Meter stark, den
ganzen Körper umgibt und, als schlechter Wärmeleiter, das Tier
trefflich vor der Kälte schützt. Der Walfisch atmet durch die zwei
Spritzlöcher, indem er jedesmal, nachdem das Wasser ausgespritzt
ist, die nötige Luft schöpft. Wenn der Kopf über dem Wasser¬
spiegel sich befindet, so atmen die Spritzlöcher nur Luft aus; sobald
er aber fischt oder schnell schwimmt, spritzt er das verschluckte
Wasser bis 5 m hoch, wobei jedesmal, damit das Wasser nicht in
die Lunge dringt, der Eingang in die Luftröhre durch eine Klappe
dicht verschlossen wird.
Es mangeln ihm die Rückenfioffen. Die Seitenflossen kann
das Tier als Arme gebrauchen. Wenn der junge Walfisch noch
klein ist und vom Schwimmen müde wird, so nimmt ihn die zärt¬
liche Mutter unter ihre Flossen, um ihn zu tragen. Dasselbe tut
sie, wenn eine Gefahr droht, um mit dem Jungen schnell zu ent¬
fliehen. Dabei kommt ihr der gewaltige, zweilappige Ruderschwanz
trefflich zu statten. Er ist nicht wie bei den Fischen senkrecht zum
Wasserspiegel, sondern wagrecht gestellt und wie die Flossen mit
Haut bedeckt. Durch die Schwingungen dieses Schwanzes durch¬
setzt das Tier die Fluten mit außerordentlicher Schnelligkeit, während
es mittels der Brustflossen nach Willkür seine Richtung lenkt. Zu¬
weilen schnellt sich der Walfisch mächtig in die Höhe, zuweilen richtet
er den Kopf abwärts und schlägt mit dem Schwänze mit furchtbarer
Gewalt auf das Wasser, so daß das Meer schäumt und im weiten
Umkreise sich mit Dampfwolken bedeckt. Das dabei entstehende
Getöse wird bei stillem Wetter in weiter Entfernung gehört.
Die Walfische leben meist einzeln oder paarweise im nördlichen
Eismeere, hauptsächlich an der Westküste Grönlands. Dorthin
fahren jährlich die Walfischfänger aus, um aus das See-Ungetüm
Jagd zu machen. Hat man aus der Ferne einen Walfisch an dem
ausgestoßenen Atemstrahle erkannt, so wird schnell ein Boot bemannt
und in seine Nähe geschickt. Sobald er wieder, um Luft zu
schöpfen, auftaucht, sendet der Harpunier von der Spitze des