Full text: Hohenzollerisches Lesebuch für katholische Volksschulen

Frosch und Maus. Lund und Schaf. Der Lund im Wasser. Die Sladtmaus. 5 
6. Der Lund im Wasser. 
Von v. Martin Luther. 
Es lief ein Lund durch einen Wasserstrom und hatte ein Stück 
Fleisch im Maule. Als er aber den Schemen vom Fleisch im Wasser 
sieht, wähnt er, es wäre auch Fleisch, und schnappet gierig danach. Da 
er aber das Maul auftät, entfiel ihm das Stück Fleisch, und das 
Wasser führte es weg. Also verlor er beides, das Fleisch und den 
Schemen. 
Man sollte sich begnügen lassen an dem, was Gott gibt. Wer das 
Kleine verschmähet, dem wird das Größere nicht; wer zu viel Haber: 
will, der behält zuletzt nichts; mancher verliert das Gewisse über dem 
Ungewissen. 
Von v. Martin Luther. 
Eine Stadtmaus ging spazieren und kam zu einer Feldmaus; die 
tat ihr gütlich mit Eicheln, Gerste, Nüssen und womit sie konnte. Aber 
die Stadtmaus sprach: „Du bist eine arme Maus, was willst du hier 
in Armut leben? Komm mit mir! Ich will dir und mir genug 
schaffen von allerlei köstlicher Speise." Die Feldmaus zog mit ihr in 
ein herrliches, schönes Laus, worin die Stadtmaus wohnte, und sie 
gingen in die Speisekammer; da war vollauf von Brot, Fleisch, Speck, 
Würsten, Käse und anderem. Da sprach die Stadtmaus: „Nun iß 
und sei guter Dinge! Solcher Speise habe ich täglich überflüssig." In¬ 
des kommt der Kellner und rumpelt mit den Schlüsseln an der Tür. 
Die Mäuse erschraken und liefen davon; die Stadtmaus fand bald ihr 
Loch, aber die Feldmaus wußte nirgend hin, lief die Wand auf und 
ab und hatte sich ihres Lebens erwogen. 
Da der Kellner wieder hinausgegangen war, sprach die Stadt- 
maus: „Es hat nun keine Not; laß uns guter Dinge sein!" Die Feld¬ 
maus antwortete: „Du hast gut sagen; du wußtest dein Loch fein zu 
treffen, indes bin ich schier vor Angst gestorben. Ich will dir sagen, 
was meine Meinung ist. Bleib du eine reiche Stadtmaus und friß 
Würste und Speck; ich will ein armes Feldmäuslein bleiben und meine 
Eicheln essen. Du bist keinen Augenblick sicher vor dem Kellner, vor 
den Katzen, vor so vielen Mäusefallen, und das ganze Laus ist dir 
feind; solches alles bin ich frei und sicher in meinem armen Feld- 
löchlein."
	        
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