218 Altertum.
Wein, der mit höchster Sorgfalt behandelt wurde, und dann wurde ein
neues Repositorium gebracht, welches den ersten Gang des eigentlichen
Mahles darstellte. Neue Überraschung. Zur Enttäuschung der Gäste
standen darauf die ordinärsten Gerichte, aber alsbald wurden sie mit dem
Deckel abgehoben, und darunter lachten nun Tauben und Krammetsvögel,
Kapaunen unb Enten, prächtige Barben und Rhomben den Feinschmeckern
entgegen; die Mitte nahm ein fetter Hase ein, der mit Federn — auch
eine Idee! — künstlich zu einem Pegasus umgeschaffen worden. Nun
trat ber Scissor, ber Zerleger, vor bie Tafel unb zerschnitt alles mit
anmutigen Bewegungen nach betn Takte ber Musik gewaubt unb schnell.
Den zweiten Gang bilbete ein Eber, ber an seinen Hauern zwei mit
Datteln gefüllte Körbchen aus Palmenzweigen trug. Ihm zu Seite lagen
acht Ferkelcheu, bie vom Bäcker ans süßem Teige sehr natürlich gebilbet
waren. Jeber ber Gäste — so war es bie Sitte — sollte eines bavon
mit nach Hause nehmen. Zu neuer Verwuuberuug folgte bem wilben
Schwein ein zahmes, bas nicht einmal ausgeweitet schien. Der Koch
würbe gerufen unb mußte sich über biese Vergeßlichkeit weiblich auszanken
lassen; als er es mit einem gewaltigen Schnitt ben Bauch entlang öffnete,
stürzten eine Menge ber leckersten Würste hervor. Währenb bas Schwein
entfernt unb ber Nachtisch erwartet würbe, öffnete sich ber Plasonb über
ben Gästen, unb es senkte sich ein silberner Reisen herab mit Salben¬
fläschchen aus Silber unb Alabaster, mit silbernen Kränzen unb anberen
zierlichen Dingen, welche bie Gäste ebenfalls zur Erinnerung mit nach
Hause nahmen. Auch ber Nachtisch Verbiente unb erwarb sich bie Be-
wunberung. Die Gebäcke erschienen in ber Gestalt von Muscheln unb
Krammetsvogeln, Quitten mit Manbeln gespickt stellten Meerigel vor.
In ber Mitte staub ein wohlgeformter Vertumnus mit allerlei Früchten
in seinem Schoße. Als aber bie Gäste nach ben Äpfeln unb Trauben
griffen, spritzte ihnen bei jeber Berührung ein Strahl von Sasraneffenz
entgegen.
Ein Vergnügen anberer Art schaffte sich einmal Domitian mit feinen
Gästen. Es war zur Zeit, ba er als boshafter Tyrann schon Furcht
unb Entsetzen um sich verbreitete. Den Abenb vorher hatte er bem Volke
ein großartiges Mahl gegeben. Für ben folgenben Tag lub er bie ersten
ber Senatoren unb Ritter, bie Vornehmsten unb Reichsten von Rom zu
sich ein in später Stunbe. Sie kamen bei Nacht unb fanbert ben Fest¬
saal schwarz verhängt. Wänbe, Decken, Fußboben, Lagerstätte ohne Kiffen,
alles schwarz. Bei jedem Platze stand das memento mori, eine kleine
Grabessäule mit dem Namen des Gastes und einer Lampe, wie sie bei
Leichenbegängnissen üblich war. Junge Sklaven, nackt und schwarz an¬
gestrichen, traten ein wie Gespenster, tanzten schaurige Tänze und setzten
sich dann zur Bedienung zu den Füßen der Gäste, denen man in schwarzen