26
Sudeten III. — Norddeutsches Tiefland.
mächtiger werdenden Waldwuchses. Die Gebirgstannen werden durch einen regen Holz¬
handel ausgeführt, größtenteils aber werden sie durch zahlreiche Sägemühlen, Papier-
und Zündholzsabriken an den Abhängen und am Rande des Gebirges unter Ausnutzung
der Wasserkräfte verarbeitet. Das Auftreten von Laubwäldern kündet bereits die
mildere Natur an; bei 600 m etwa nimmt der Mensch den Boden hauptsächlich zu der
jährlichen Arbeit des Ackerbaus für sich in Besitz. Doch sind es nur die widerstands¬
fähigeren Pflanzen, Kartoffeln, Hafer, Roggen und Flachs, die ihm einen sicheren Ertrag
gewähren. Obst- (meist Rirsch)bäume werden nach der Tiefe zu zahlreicher. Zeit alter
Zeit beruht auf dem ergiebigen Flachsbau Spinnerei und Leinwandweberei. Die auf
die Braunkohlenschätze und die Steinkohlenlager Waldenburgs gestützte Maschinenarbeit
der Fabriken verurteilt die Handweberei zum Untergang. Das Leinengewerbe, das über¬
wiegend den aus Rußland eingeführten Flachs verarbeitet, hat auch eine rege Baum-
woll- und Wollindustrie nach sich gezogen. Die Webeindustrie ist das Hauptgewerbe
des ganzen Gebietes. In vielen Glashütten wird der vorzügliche Ouarzfand verarbeitet,
am Gebirgsrand und im Vorland werden Granit und andere Gesteine gebrochen und an
Ort und Stelle für den Gebrauch bearbeitet. Die bequeme Absatzmöglichkeit ist hier
besonderes wichtig für die Entstehung größerer Betriebe. Die Talsohlen des Gebirges
und das Vorland mit ihrem fruchtbaren Boden und ihrer hohen Sommerwärme sind
Stätten der Viehzucht und blühenden Ackerbaus und ermöglichen weizen-, Zuckerrüben-,
Gemüse- und Obstbau.
HI. Eine Zickzacklinie als Landergrenze. Die Landesgrenze zeigt im Sudetengebiet
eine auffallende Unregelmäßigkeit. Bei der hohen Wegsamkeit des Gebirges durch die
Sudetentore war es der politischen Vereinbarung leicht möglich, bald eine nördl., bald
eine südl. Ausbuchtung festzusetzen. Die Zickzacklinie findet also eine natürliche Erklärung
in der Bodengestalt.
Ein Stück von Schlesien. Rur ein kleines Gebiet gehört noch zum Königreich
Sachsen mit Bautzen an der Spree und Zittau an der Neiße (Damaftweberei und
starker Gemüsebau). Das übrige Land gehört zur preußischen Provinz Schlesien. Gör¬
litz (86 000), an der Neiße zu Füßen der Landskrone, mit Tuchfabriken, Eisenindustrie,
in wichtiger Verkehrslage. Warmbrunn im Hirschberger Tal, größtes Sudetenbad.
hirschberg in unmittelbarer Nähe am Bober, Leinenindustrie. Waldenburg, Kohlen¬
bergwerke, Leinen- und Porzellanindustrie. Glatz im Glatzer Gebirgskessel, Festung zur
Deckung des Neißetals. Im Vorland: Neiße.
Das norddeutsche Tiefland.
Ein dreieckiger Ausschnitt aus dem europäischen Tiefland, fast halb so groß
wie Deutschland. Die Kölner, Münstersche und Leipziger Bucht sind bereits behandelt
worden. Mit deren Einschluß umfaßt das norddeutsche Tiefland fast die Hälfte des
Deutschen Reiches. Es ist als ein Ausschnitt des großen europäischen Tieflandes an¬
zusehen, das von den Pyrenäen bis zum Ural reicht, wenn man von den schon be¬
sprochenen Gebieten absieht, erscheint das deutsche Tiefland als ein Dreieck.
Starke Abweichungen des west- und ostelbischen Tiefländer nach Größe und
Bodengestalt. Das norddeutsche Tiefland wird zu Unrecht eine Tiefebene genannt.
Zwar ist es auf große Strecken eine wirkliche Ebene, ein Gebiet der weiten Horizonte.