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IX. Der Acker und seine Bearbeitung rc.
Die Waldbäume dringen nun kräftiger in die Fugen des Gesteines
ein, ziehen aus den tieferen Schichten jene Stoffe herauf, die sie
zu ihrem Aufbaue brauchen, und sind dankbar dafür, indem sie mit
ihrem abfallendem Laube die Oberfläche des Bodens, düngen. Diese
verwesende und modernde Schicht, welche meist aus Pflanzenteilen be¬
steht, nennt man 5) um ns, und dieser ist es, der den Boden fruchtbar
macht. In jedem Boden, in welchem eine Pflanze wachsen soll, must
dieser Humus vorhanden sein. Ein Gemenge von Humus und vielen
kleinen Teilen der verwitterten Gesteine nennen wir schlechtweg Erde.
Den meisten Humus findet man in den hohlen Bäumen; doch in diesem
reinen Humus allein kann keine Pflanze gedeihen, denn sie braucht
noch andere Stoffe zu ihrer Ernährung. Diese mineralischen Nähr¬
stoffe sind: Kalium, Natronsalz, Kalkerde und Bitter¬
erde, Eisen, Phosphorsäure, Schwefelsäure und Kie¬
selsäure. Unter den humusreichen Erdarten ist für uns besonders
wichtig die Garten- und D a m m e r d e. Fast alle Pflanzen ge¬
deihen in derselben recht gut, insbesondere aber die Gemüsepflanzen.
Leider ist sie nur selten in großen Mengen zu finden, zumeist nur iu
den Niederungen der Flüsse, wo das Wasser oft über die Ufer tritt, län¬
gere Zeit stehen bleibt und die feinen Teile, die wir Schlamm nennen,
absetzt. Jetzt wirst du auch begreifen, warum die Überschwemmungen
des Nils ein so großer Segen für das Land Ägypten sind. Endlich haben
wir unsere Ackererde. Sie hat in den meisten Fällen nur wenig
Humus, und da wir bei der Ernte alles vom Felde wegnehmen, was
im Sommer gewachsen ist, und neuer Hunius sich nicht so schnell bildet,
wie wir es wünschen, so müssen wir nachhelfen. Diese Nachhilfe ge¬
schieht durch die D ü n g u n g. Wir müssen alles, was Humus gibt,
sammeln und dein Felde zuführen."
Während dieses Gespräches waren Vater und Sohn aus dem
Walde herausgetreten auf eine Lichtung, wo auf kleinen Hügeln ganz
junge Tannen standen.
„Siehst du," sagte der Vater, „vor 6 Jahren war hier ein wüster
Platz. Der Förster hat die Erde auf kleine Haufen zusammenscharren
lassen und diese mit Tannen bepflanzt. Bald werden auch die Räume
zwischen den Hügeln grün sein, und in weiteren 10 Jahren wird schon
ein schöner Jungwald dastehen."
„Warum hat man nicht Humus herbeigeführt und ein Feld daraus
gemacht?" fragte Franz.
„Dagegen jinb zwei Gründe. Erstens würden viele Tausend
Fuhren Humuserde notwendig sein, was zuviel kosten würde, und
zweitens ist auch der Wald für den Haushalt der Natur nicht ent¬
behrlich, denn der Wald hält die Feuchtigkeit au sich und gibt sie zu.r
geeigneten Zeit wieder ab. Feld und Wald müssen sich gegenseitig
ergänzen." Unter ähnlichen Gesprächen waren Vater und Sohn an
den Eingang des Dorfes gekommen. Franzens Finger hatten aufge¬
hört zu schmerzen, und der Knabe warf den Moosverband achtlos weg.
„Du hast meine Worte nicht beherzigt," sagte der Vater ernst;
„wer ein guter Landwirt werden will, darf auch nicht die kleinste