Full text: Lesebuch für ländliche Fortbildungsschulen

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V. Gesundheit und ihre Pflege, Krankheit und ihre Heilung. 
„Die hohe Lage ist eines unserer bedeutendsten Hausmittel, wenn 
ein Glied so schwer verletzt ist, daß bereits der Blutumlauf still steht 
und Brand droht, was sich dadurch zeigt, daß es dunkelblau und kühl 
wird. Das Blut eines solches Gliedes kommt nämlich nicht mehr zum 
Herzen und nicht mehr zur Lunge, wird also nicht mehr mit Sauerstoff 
in Berührung gebracht, nicht mehr hellrot gemacht. Das hohe Legen 
oder Aufhängen eines solchen Gliedes hat mir schon oft den Brand 
verhindert und tausendmal die Schmerzen beseitigt. 
„Auch die tiefe Lage hat ihre bedeutende Wirkung. Wenn 
jemand sich fast verblutet hat und sterbend ist, weil an die wichtigsten 
Teile des Gehirns nicht mehr genügend Blut hinfließt, so legt man 
den Kopf auf den Boden und hä.lt die Füße in die Höhe. Nach dem 
Gesetz der Schwere läuft nun wieder Blut in das verlängerte Mark 
und zum Gehirn, und die Lebensgefahr ist beseitigt. 
„Die Bewegung ist ein bekanntes und seit Jahrhunderten hoch¬ 
geschätztes Heilmittel. Wenn wir unsere Muskeln fleißig bewegen, 
werden dieselben nicht nur selbst recht leistungsfähig, sondern das ist 
auch das beste Mittel, die Ernährung zu regeln. Durch den fleißigen 
Gebrauch der Muskeln werden Heilerfolge erzielt, die keine Apotheke 
zu erreichen imstande ist. Wenn wir uns jeden Tag soviel bewegen, 
daß wir ein wenig schwitzen, werden wir einer gefährlichen Verfettung 
des Herzens vorbeugen und werden Blutarmut beseitigen. Fette Leute 
sind blutarm, und blutarme leisten recht wenig. Die Bewegung schafft 
auch die Stauungsluft aus den Lungen fort und beschleunigt den 
Blutkreislauf. 
„Die Massage oder Knetung der Muskeln kann Stockendes zer¬ 
teilen und Überschüssiges aufsaugenden Organen entgegenstreifen. Viele 
Entzündungsgeschwülste werden durch Massieren vertrieben. Ferner 
steigert die Massage die Ernährung und Tätigkeit der Muskeln in 
hohem Grade. 
„Der Druck bringt alles weg, was überflüssig ist. Eine Ver¬ 
fettung, eine dicke, große Drüse verschwindet unter anhaltendem Druck. 
„Das Binden oder Fatschen der Glieder verhindert Krampfadern 
und treibt das Blut zu Herz und Gehirn, wenn das dort vorhandene 
Blut zum Leben nicht ausreicht und das einfache Aufheben der Arme 
und Füße nicht genug Blut zu Herz und Hirn schickt. 
„Die Kälte ist ein schätzbares Heilmittel. Sie nimmt den Schmerz, 
zieht Erschlaffendes zusammen und verengt ungewöhnlich erweiterte 
Adern. Die Kälte ist deshalb auch blutstillend. Wie die Köchin das 
Fleisch auf Eis legt, um Fäulnis zu verhindern, so legen wir das 
Eis auf das Fleisch. 
„Die Wärme spannt ab, nimmt den Krampf, erweitert krankhaft 
verengte Adern, beschleunigt jede Lebenstätigkeit, die Reife der Eiter¬ 
herde, die Abgrenzung des Brandigen usw. 
„Kaltes Wasser ist ein berühmtes Heilmittel, lebenrettend, 
zum Waschen und Trinken beim Hitzschlag, zum Begießen bei Ohn¬ 
machten und Betäubungen aller Art, bei Vergiftung mit Alkohol und 
Morphium. Es stärkt und härtet ab.
	        
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