Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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Österreich, bald darauf auch Bayern und schließlich alle übrigen 
deutschen Staaten beitraten, stellte für seine Gesamtheit einheitliche 
Portosätze nach bestimmten Abstufungen für Briefe und Pakete 
her. Die diesmal erzielte Einigung erschien aber deshalb als sehr 
bedeutsam, weil der Vertrag die wichtige Bestimmung enthielt, daß 
die von den einzelnen Postverwaltungen abgeschlossenen Verträge 
mit dem Auslande den im Vereinsverkehr geltenden Grundsätzen 
entsprechen sollten. 
Hiermit war schon viel erreicht. Allein die Taren für Briefe 
im Verkehr mit dem Ausland bildeten den wunden Punkt, an dem 
die Postgesetzgebung in Deutschland noch in den sechziger Jahren 
krankte. 
Auf Anregung der Regierung der Vereinigten Staaten von 
Amerika trat dann am 11. Mai 1863 in Paris eine Postkonferenz 
zusammen, bei der von europäischen Staaten Belgien, Dänemark, 
Frankreich, Großbritannien, die deutschen Hansastädte, Italien, 
Niederland, Österreich, Portugal, Preußen, Spanien und die Schweiz 
vertreten waren. Aus außereuropäischen Staaten waren Vertreter- 
anwesend von den Vereinigten Staaten Nord-Amerikas, von Costa- 
rika und — von den Sandwichinseln. 
Die Verschiedenheit der auf der Konferenz hervortretenden 
Interessen entsprach jedoch der Zahl der vertretenen Staaten. Von 
vornherein erschien es deshalb sehr schwierig, wenn nicht gar un¬ 
möglich, das gesteckte Ziel zu erreichen. 
Und dieses wurde auch tatsächlich nicht erreicht. Man war, 
als die Konferenz nach neun Sitzungen am 8. Juni geschlossen 
worden war, zu einer „bindenden" Vereinbarung nicht gelangt. 
Der Ausgang der Verhandlungen ließ ebensowenig die Beseitigung 
der zahlreichen Einzelverträge, als die Gründung eines allgemeinen 
Postvereins erhoffen. Bis dem letzteren die Wege geöffnet wurden, 
sollten noch 11 Jahre verfließen. 
Inzwischen hatte das Postwesen in Deutschland, eine natürliche 
Folge der kriegerischen Ereignisse in den Jahren 1866 und 1870 
bis 1871 und der hieran sich knüpfenden staatlichen Umwälzungen, 
gleichfalls eine vollständige Neubildung erfahren. Mit dem Jahre 
1867 war die Postherrschaft des fürstlichen Hauses Thurn und 
Taris erloschen. Am 1. Januar 1868 erfolgte die Begründung 
der Norddeutschen Bundespost. Nach Ausrichtung des Deutschen 
Reiches erstand auch die Deutsche Reichspost wieder als Neichs- 
verkehrsanstalt mit einheitlicher Leitung und einheitlichem Betrieb, 
wobei Bayern und Württemberg ihre selbständigen Verwaltungen 
mit der Einschränkung beibehielten, daß die Reichspost sie dem 
Ausland gegenüber vertrat.
	        
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