66. Unsere Arzneipflanzen.
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bereiten; denn die Kamille findet sich als Unkraut gar häufig in Korn¬
feldern und auf Brachen. Am gewürzhaftesten ist die römische Kamille,
die sich von der gemeinen durch die zurückgeschlagenen Blütenblütter und
den starken Geruch unterscheidet. Die Blumen werden am besten an
trockenen Tagen eingesammelt. Kamillenthee, von dem man so viel, als
man zwischen drei Fingern halten kann, zu ein paar Tassen nimmt, hat.
bei Erkältungen, Grimmen, Krämpfen schon vortreffliche Dienste geleistet.
Auch die Kamille wird zu Kräutersäckchen benutzt und wärmt ebenfalls
sehr gut.
Ähnliche Erfolge, wie dem Holunder und der Kamille, rühmt man
auch den Linden- und Schlehdornblüten nach, und darum sollen auch sie
zu Thee gesammelt, getrocknet und aufbewahrt werden.
Gegen andere Übel wird der Malven- und Wollblumenthee gebraucht,
die gleichfalls als Hausmittel ihren Ruhm wohl verdienen. Man wendet
beide Theearten als Gurgelwasser bei Halsbeschwerden, Katarrh und
Verschleimungen der Atmnngsorgane an. Die Malve (Rosenmalve, Stock¬
rose) ist eine hübsche Gartenblume mit großen, rosenroten Blüten; nur
selten findet man sie wild in Hecken und Gebüschen, wie bei Rvhrmoos
und Olching. Die Wollblume mit ihren silzartigen Blättchen dagegen
ist an sonnigen Abhängen, an sandigen Äckern re. ziemlich häufig und
unter dem Namen Königskerze allbekannt. An ihren hohen, walzen¬
förmigen Blütenähren entfalten sich die gelben Blumen langsam von
unten nach oben. Man trifft daher an jeder Pflanze immer nur wenige
Blüten; man muß dieselben sehr schnell trocknen und in einem luftdichten
Gesäße aufbewahren. Malven- und Wollblumenthee werden auch zu
gleichen Teilen gemischt.
Die Theearten der Minze, der Wegewarte und des Tausendgülden¬
krautes haben wieder andere Wirkung; sie stärken den Magen und be¬
fördern die Verdauung. Die Minze, von welcher die Minzenzeltchen
den Namen haben, zeigt schon durch ihren würzigen Geruch, welch
besondere Heilkraft in ihr wohnt. Es gibt Pfeffer- und Wasserminze;
erstere wird im Garten gezogen, letztere wächst wild an Bächen und
Waldrändern und ist von stärkerer Wirkung.
Noch lange wäre die Reihe unserer heimischen Arzneipflanzen nicht
zu Ende. Um sie aber alle zu kennen und ihre besonderen Kräfte zu
wissen, bedarf es eines eigenen Studiums. Nur von einer ganz gewöhn¬
lichen, aber nicht der schlechtesten Arzneipflanze wollen wir noch etwas
hören, dem Wacholderstrauch. Er ist unter dem Namen Krammets¬
beerenstrauch , Kranwittstaude überall bekannt und wächst besonders in
unsern Bergwäldern häufig. Alle seine Teile haben einen harzigen,