11. Bei dem Grabe meines Vaters. 12. O lieb, so lang' du lieben kannst. 127
Und dann, als ich nach wechselvollen Jahren
am offnen Grabe meiner Kinder stand,
da hab’ ich, tief erbebend, erst erfahren,
was jene Nacht mein Mütterlein empfand.
Und Lieb’ und Reue, Dank und heisses Sehnen,
ich kost’ sie täglich, koste sie nicht aus.
Wohl bin ich glücklich — aber oft in Thränen
denk’ ich der letzten Nacht im Vaterhaus. b Bettmann.
11. Wer dem Grabe meines Walers.
Friede sei um diesen Grabstein her!
Sanfter Friede Gottes! Ach, sie haben
einen guten Mann begraben,
und mir war er mehr.
Träufte mir von Segen, dieser Mann,
wie ein milder Stern aus bessern Welten;
und ich kann’s ihm nicht vergelten,
was er mir gethan!
Er entschlief; sie gruben ihn hier ein.
Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben,
und ein Ahnen von dem ew'gen Leben
duft' um sein Gebein!
Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr,
freundlich wird erwecken. Ach, sie haben
einen guten Mann begraben,
und mir war er mehr! Claudius.
12. Ä lieb, so lang' du lieben Kannst!
O lieb, so lang' du lieben kannst!
O lieb, so lang' du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
wo du an Gräbern stehst und klagst.
Und sorge, daß dein Herze glüht
und Liebe hegt und Liebe trägt,
so lang' ihm noch ein ander Herz
in Liebe warm entgegenschlägt.
Und wer dir seine Brust erschließt,
o thu ihm, was du kannst, zulieb!
Und mach ihm jede Stunde froh,
und mach ihm keine Stullde trüb.