Full text: Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen

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20. Über das Lesen. 
„Christus, dein Erlöser lebt; leben wirst du, wirst ihu schauen. — 
Verweslich wird hier gesäet; aber auferstehen wirst du unverweslich; 
unsterbliches Leben wird, der dich schuf, dir geben. Au diesem Glauben, 
dieser Hoffnung halte fest; nur dadurch erhebst du dich über das Tier; 
nur dadurch bist du ein Mensch und ein Christ. Heil dir, du glaubst, 
du hoffst!" 
So tönen die Stimmen des Friedhofes und nicht umsonst! Un¬ 
serm Herzen ist es, als wäre eine Rinde von Eis, die darum gelegen, 
nun aufgetaut: so frei und freudig schlägt es. Und wenn wir wieder 
in das Getümmel des irdischen Lebens zurückkehren, dann dünkt uns die 
Welt viel schöner und die Arbeit viel leichter als vorher; denn Liebe, 
Demut und gläubige Hoffnung verklären alles und überwinden alles. 
A. Heck. 
20. Aber das Lesen. 
Lesen ohne Nutzen für Geist und Gemüt heißt säen, ohne ernten 
zu wollen. Sage nicht: „Es bleibt doch etwas zurück!" Das, was 
zurückbleibt, vermehrt nur die Unordnung in deinem Kopfe und Herzen. 
Was du liesest, das sollst du zu deinem geistigen Eigentum machen. 
Da gestaltet sich nichts, wo ein Eindruck den andern vertilgt. Das 
Gemüt dessen, der alles liest, was der Zufall herbeiweht, gleicht dem 
Himmel an einem stürmischen Tage, wo wechselndes, hin- und herziehendes 
Gewölk dem Lichte nur selten einen Durchblick vergönnt. Nicht vieles, 
aber recht! ist eine treffliche Lehre in tausend Dingen und auch beim 
Lesen. Setze noch hinzu: aber das Beste, das Gehaltreichste, das 
Würdigste, das, was Mühe kostet, und das alles nicht einmal, sondern 
oft. Fragst du aber nach dem zweiten Teile der Lehre, so wisse, daß 
recht lesen heißt: mit Aufmerksamkeit und Verstand lesen! Ein Buch, 
bei dem du nichts denken kannst, nimm lieber gar nicht zur Hand; ein 
gedankenvolles aber laß deinen Freund sein, mit dem du dich so lauge 
besprichst, bis du seiner Gedanken mächtig bist und sie mit den deinen 
verwebt hast! 
Die schlimmste Feindin der Bildung, wie des Guten überhaupt, ist 
die Trägheit. Hinter ihr her geht die Unaufmerksamkeit, die von den 
sparsamen Körnern, die aus der Hand der Trägheit fallen, keines in den 
Boden eindringen läßt. Willst du diese Feindinnen bannen, so nimm 
mit dem Buche auch die Feder zur Hand! Wenn du damit anfängst, 
dir das anzumerken, was dich in einem Buche vorzüglich anspricht, so 
wirst du dich bald im stände sehen, mit den: Buche selbst zu sprechen, dem 
Verfasser vor- oder nachzudenken, ihn zu bestreiten oder zu verteidigen. 
Je früher du anfängst, desto besser! Nach Fr. Jakobs.
	        
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