Full text: Deutsches Lesebuch für landwirtschaftliche Winterschulen, Ackerbauschulen und ländliche Fortbildungsschulen

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der König, der in Gesetzgebung und Verwaltung durch die Volks¬ 
vertretung, den Landtag, beschränkt ist. 
Der König. Die Krone ist erblich im Mannesstamme des 
Königlichen Hauses der Hohenzollern nach dem Rechte der Erstgeburt. 
Der König wird bereits mit Vollendung des 18. Jahres volljährig 
(in ijoienn), während sonst in Preußen die Volljährigkeit erst mit dem 
21. Jahre eintritt. Beim Antritt der Regierung legt der König in 
Gegenwart des Landtages den Eid auf die Verfassung ab. Zum 
Unterhalt der gesamten königlichen Familie, ihres Hofhaltes und ihrer 
Besitzungen erhält der König kraft des Gesetzes jährlich vom Volke, 
zugleich als Entschädigung für die einst von Friedrich Wilhelm I. dem 
Staate abgetretenen Domänen, eine bestimmte Summe, Krondotation 
(Civilliste) genannt, im Betrage von 153/4 Million Mark. Die Er¬ 
sparnisse des Königs sind sein Privateigentum, das er nach Belieben 
verwenden kann. Der König hat eine Reihe von Ehrenrechten: er 
kann Strafen mildern uni) erlassen, er verleiht Orden und Auszeich¬ 
nungen. Für seine Regierungshandlungen braucht er niemandem 
Rechenschaft zu geben; er ist unverantwortlich, seine Person ist 
unverletzlich und genießt eines erhöhten Rechtsschutzes: jede Ver¬ 
letzung seiner Ehre wird als Majestätsbeleidigung bestraft. Zur 
Führung der Staatsgeschäfte ernennt der König seine Minister, die 
für ihr Handeln verantwortlich sind. 
Trotz der Beschränkung seiner Befugnisse durch die Verfassung 
übt der König das Herrschaftsrecht über alle Zweige des Staats¬ 
lebens aus: er beruft und schließt den Landtag, er erläßt gemeinsam 
mit ihm die Gesetze und überwacht ihre Ausführung. Er ist zugleich 
der oberste Kriegsherr, dem das ganze Heer den Eid der Treue leistet. 
B Von der Volksvertretung. 
Die verfassungsmäßige Vertretung der Staatsbürger ist der 
Landtag, der aus zwei Kammern besteht: dem Herrenhaus und 
dein H a u s e der A b g e o rdn et en. 
Die Mitglieder des Herrenhauses, deren Zahl unbeschränkt ist, 
sind teils erblich, teils werden sie vom Könige berufen. Diese 
Berufung erfolgt teils unmittelbar durch den König, oder mittel¬ 
bar auf Vorschlag dazu berechtigter Körperschaften (unc des Groß gründ 
besitz es, der Universitäten und größerer Städte). 
Das Haus der Abgeordneten zählt 438 Mitglieder, die aus 
freien Volkswahlen hervorgehen. Diese Wahlen sind öffentlich und
	        
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