Das schwurgerichtliche Verfahren 
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Fragen16, welche den Geschworenen zur Beantwortung vorgelegt 
werden sollen, verlesen. Jeder Geschworene, sowie der Staatsanwalt, 
der Verteidiger und der Angeklagte sind befugt, eine Abänderung 
oder Ergänzung der Fragen zu beantragen. Sind diese endgültig 
festgestellt, so erhalten die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger, 
sowie der Angeklagte selbst zu ihren Ausführungen das Wort. Als¬ 
dann erläutert der Vorsitzende den Geschworenen die bei Beantwor¬ 
tung der Fragen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspilnkte, je¬ 
doch ohne in eine Würdigung der erhobenen Beweise einzugehen, und 
übergibt hieraus den Fragebogen den Geschworenen, welche sich damit 
in das Beratungszimmer zurückziehen. Dort wählen die Geschwo¬ 
renen zunächst aus ihrer Mitte einen Obmann und stimmen sodann 
über die Fragen mit ja oder nein ab. Auch hier ist zur Bejahung 
einer Schuldsrage stets eine Mehrheit von zwei Dritteilen der Stim¬ 
men (also mindestens 8 Stimmen) erforderlich.^ 
Der Obmann schreibt die aus der Abstimmung sich ergebenden 
Antworten nieder, unterzeichnet sie und gibt hieraus, nachdem die 
Geschworenen in den Sitzungssaal zurückgekehrt sind, den Spruch der 
Geschworenen durch Verlesen der Fragen und Antworten mit den 
Worten kund: „Aus Ehre und Gewissen bezeuge ich als den Spruch 
der Geschworenen: . . ." Haben die Geschworenen die Schuld des An¬ 
geklagten verneint,^ so spricht der Gerichtshof diesen frei. Andern- 
™ Die Fragen lauten z. B. bei einem Verbrechen der Körperverletzung 
mit nachgesolgtem Tode (s. Nr. 288): 
1. Ist der Angeklagte A schuldig, am 10. Februar 19 . . in der Wirtschaft 
zum Ochsen in X. den B vorsätzlich derart körperlich mißhandelt und an der Gesund¬ 
heit beschädigt zu haben, daß durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten 
verursacht wurde? 
2. Im Falle der Bejahung der ersten Frage: Sind nüldernde Umstünde vorhanden? 
3. Im Falle der Verneinung der ersten Frage: Ist der Angeklagte schuldig, 
in der genannten Zeit und an dein genannten Orte den B vorsätzlich mittels einer 
das Leben gefährdenden Behandlung körperlich mißhandelt und an der Gesundheit 
beschädigt zu haben? 
17 Da aus dem Spruch der Geschworenen zwar hervorgehen soll, ob die 
Schuldigsprechung mit der dazu nötigen Stimmenmehrheit erfolgt ist, nicht aber, ivie 
viele (Stimmen sich dafür aussprachen, so muß die schriftliche Antwort auf die Schuld¬ 
frage im Falle der Bejahung lauten: „Ja, mit mehr als sieben Stimmen." Ebenso 
hat bei Verneinung einer Frage nach mildernden Umständen die Antwort zu lauten: 
„Nein, mit mehr als sechs Stimmen"; denn hier genügt zur Verneinung die einfache 
(sog. absolute) Mehrheit. 
18 Der Geschworene muß bei Abgabe seiner Stimme stets eingedenk sein, daß 
er Richter ist und als solcher nicht über dem Gesetze steht, sondern den Willen des 
Gesetzes zu vollziehen hat. Bei Beantwortung der Schuldfrage hat daher der Ge¬ 
schworene nur darnach zu fragen, ob die Tat so, wie sie erwiesen ist, unter das 
Gesetz fällt, mag ihm auch das Gesetz unbillig oder hart erscheinen. Würde der 
Geschworene an Stelle des Willens des Gesetzes seine Willkür setzen, würde er z. B-,
	        
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