Full text: Bürgerkunde des Hansa-Bundes

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Gesamtbevölkerung, während die Hälfte von Gewerbe, Handel 
und Industrie lebt. 
Von der Gesamtbevölkerung auf dem platten Lande sind dabei nur 40 
vom Hundert steuerpflichtig, in den Städten aber über 60 vom Hundert. 
Der preußische Staat erhob im Jahre 1907 von der städtischen Bevölke¬ 
rung 169 Millionen Mark Einkommensteuer, von der ländlichen 
dagegen nur 54 Millionen. Seit 1892 hat sich der Ertrag der Einkommen¬ 
steuer in den Städten reichlich verdoppelt, während er auf dem Lande nur 
von 30,5 auf 54 Millionen stieg. Dazu kommen die Aktiengesellschaf¬ 
ten usw., von denen der preußische Staat im Jahre 1907 24,43 Millionen 
bezog. Das von der preußischen Ergänzungssteuer erfaßte Vermögen 
betrug im Jahre 1905 auf dem Lande nur 20 Milliarden, in den Städten da¬ 
gegen über 55 Milliarden. An direkten Steuern zieht der preußische Staat 
von der vorwiegend in Gewerbe, Handel und Industrie tätigen, städtischen 
Bevölkerung mehr als das Dreifache, wie aus der vorwiegend in der Land- 
wirtschaftfbeschäftigten ländlichen Bevölkerung-! 
Y. Wirtschaftliche Vereine und politische Parteien.*) 
Das wirtschaftliche Leben der Gegenwart steht unter dem Zeichen der 
Organisation, d. b. der Zusammenfassung der Einzelnen zu höheren, 
wirkungsvolleren Einheiten zwecks Schutz und Förderung ihrer gemein¬ 
samen Interessen. Auf diesem Gebiet sind die Organisationen der 
Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und die gemeinsamen Ver¬ 
einigungen beider zu unterscheiden. 
Unter der großen Zahl der wirtschaftlichen Verbände ist der Hansa- 
Bund für Gewerbe, Handel und Industrie zu nennen, der gemäß seiner 
Satzungen und der Richtlinien vom 4. Oktober 1909 eine wirtschaftliche 
Vereinigung ist mit den durch ihr wirtschaftliches Programm bedingten wirt¬ 
schaftspolitischen Zielen. Er umfaßt die selbständigen Angehörigen der 
Industrie, des Handels und des Handwerks, ebenso wie die Angestellten. 
Seine Aufgaben bestehen vor allem in der Förderung der gemeinsamen Inter¬ 
essen von Gewerbe, Handel und Industrie und dem Schutz dieser Kreise 
vor Schädigungen und Angriffen, und zwar ohne Rücksicht auf partei- und 
allgemein politische Gesichtspunkte. Sein Ziel ist die Erreichung einer 
allen Kreisen der erwerbstätigen Bevölkerung einschließlich der Landwirt¬ 
schaft gerecht werdenden Wirtschaftspolitik. Der Hansa-Bund wurde am 
12. Juni 1909 gegründet. Er umfaßt zurzeit gegen 40 große Landesver¬ 
bände und Bezirksgruppen und gegen 590 Ortsgruppen, er zählt ferner 
1165 Vertrauensmänner. Die Mitglieder teilen sich in die direkten und 
die korporativen. Ihm sind über 600 große wirtschaftliche Verbände aus 
Industrie, Handel, Mittelstand und den Kreisen der Angestellten angeschlossen. 
Der „Zentralverband deutscher Industrieller“, 1876 ge¬ 
gründet, bezweckt die Wahrung der industriellen Interessen; „den Schutz 
der nationalen Arbeit“. Er zählte 1908 181 körperschaftliche und 538 
Einzelmitglieder, darunter 52 industrielle Vereine, 24 Handelskammern und 
7 Berufsgenossenschaften. Er gilt besonders als Vertreter der Interessen 
der Rohstoff produzierenden Industrie (sogen, schweren Industrie). 
„Der Bund der Industriellen“, 1895 gegründet, wird vor allem 
als eine die Interessen der leichten, d. h. der verarbeitenden Industrie 
wahrenden Organisation angesehen. Der Bund zählte im Jahre 1908 80 Ver¬ 
bände und 5600 Einzelmitglieder. 
Dem Bunde der Industriellen sind einzelne größere Verbände ange¬ 
schlossen, welche sich über bestimmte Landesteile erstrecken. Der be¬ 
deutendste ist der Verband sächsischer Industrieller (4500 In¬ 
dustrielle, 500 000 Arbeiter), ferner der Thüringsche und VVürttem- 
bergsche Industriellenverband. Außerdem sind zu nennen: der 
*) Kulemann, Die Berufsvereine, Jena 1908; Grotewold, Die 
politischen Parteien, Leipzig 1908; Evert, Sozialer Krieg und Friede, 1909.
	        
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