Finanzen
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laufenden Betrieb deckt, genügende Summen erbringt, um die jähr¬
lichen Neuanschaffungen zu ermöglichen, vor allen Dingen die in
den letzten Jahren in immer größerem Umfange nötig werdenden
Anlagen von Telephonleitungen, und daß sie außerdem einen aller¬
dings nicht sehr erheblichen Überschuß an die Reichskasse abliefert.
Der Betrieb der Reichspostverwaltung ist in ständigem Steigen begriffen.
Finanziell noch wichtiger sind die Eisenbahnen; sie sind nicht
überall Eigentum der Staaten, vielmehr in anderen großen Kultur¬
ländern, wie in Frankreich, England und den Vereinigten Staaten
von Amerika, vorzugsweise private Unternehmungen. Auch in Deutsch¬
land war die Anlage der Eisenbahnen zunächst Sache der Privat¬
gesellschaften. Die ersten Eisenbahnen, die von Fürth nach Nürnberg
und von Leipzig nach Dresden, wurden durch privates Kapital
auf Grund der Anregung weitblickender Kaufleute eingerichtet, aber
schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit ging der Staat daran, auch
seinerseits Eisenbahnen zu bauen. Ihn leiteten weniger finanzielle
Beweggründe, — man fürchtete damals im Gegenteil, daß die An¬
lagen unter Umständen noch Verluste bringen könnten —, er ging viel¬
mehr von volkswirtschaftlichen Erwägungen aus. Die Privatindustrie
baute naturgemäß solche Linien, die sich rentierten, also insbesondere
da, wo ein größerer Frachtverkehr stattfand, wie in den industriellen
Gegenden und zwischen größeren, nicht sehr entfernt liegenden
Städten; dagegen ließ sie die mehr landwirtschaftlichen Landesteile
außer Betracht, weil hier ein Gewinn aus der Anlage der Eisen¬
bahnen zunächst nicht zu erwarten war. Dadurch aber gerieten
diese Gebiete gegenüber den anderen ins Hintertreffen, und da der
Staat sich verpflichtet hielt, für seine verschiedenen Glieder gleich¬
mäßig zu sorgen, so ging er nun daran, gerade in solchen weniger
bevölkerten Provinzen Eisenbahnen anzulegen. Die erste große Staats¬
bahn in Deutschland war die von Berlin nach Königsberg i. Pr.,
also durch den landwirtschaftlichen Osten. Sie ist in der preußischen
Geschichte insofern berühmt geworden, als sie der Anlaß zur Ein¬
berufung des Vereinigten Landtags im Jahre 1847 war; denn zur
Aufnahme der notwendigen Anleihe war die Zustimmung einer Volks¬
vertretung nicht zu entbehren.