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Die Neu-Romantik.
von einem Himmelsrand zum andern wirft
den Strahlenpfeil Orion, Herakles
bedränt mit seiner Sternenkeule siegreich
die finstern Nachtgewalten. Sieh, so schließt sich
lebendig über uns ein Lichtreich auf,
wo unsre Geister wandern. Und die trauten
iss Sternbilder, siehe, lieben uns — sie sind
mit uns vertraut und künden uns die Zukunft!"
„Sternbilder!" lächelt Nero; „weil ihr nichts
von jenen öden Räumen wißt, beschickt
sie eure Phantasie mit Kolonien
is° von ihren eignen Ausgeburten. Nein:
der Himmel ist ein Abgrund, kalt und tot,
und seine Sterne wissen nichts von uns!
Wenn aus Planetenwandel ihr die Zukunft
zu deuten wißt — du, Alter, sag' mir an:
i85 wann ist dir selbst bestimmt des Lebens Ziel?"
Es stellt das Horoskop der Astrolog
und spricht zuletzt: „Nur einen Tag, o Herr,
vollendet mein Geschick sich vor dem deinen!" —
„Wie?" donnert Nero, „greiser Bösewicht,
2oo du wagst's, den altersschwachen Daseinsrest,
der dir gegönnt noch ist, frech anzuknüpfen
ans junge, göttlich-hohe Lebenslos
des Nero-Dionysos? Stirb noch heut;
und dies dein Todesurteil, das ich spreche,
205 bezeuge dir, wie der Verkündigung,
die du mir gabst, ich spotte!"
Zitternd fährt
der schwache Greis vor Neros Zorngeberde
zurück und schwankt und stürzt vom Rand der Warte
2io hinunter und zerschmettert sich das Haupt . . .
„Ei, seht den Alten, wie er um den Lohn
betrügt den Henker!" ruft mit frevlem Spotte
der Wütrich . . .
8. Johann Georg Fischer (1816—1897).
Gedichte. Stuttgart 1854. Neue Gedichte. 1865.
1. Der rechte
Das ist der rechte Frühling nicht,
wenn alle Welt vom Frühling spricht.
Der Frühling ist ein holdverstohlen
getauschtes Wort, mit Herzenspochen
b von zwein am Gartenhag gesprochen,
ein Händedrücken süß verhohlen,
gleich einem Bande, das im Spiel,
drin es dem liebsten Kind entfiel,
geheimnisfroh in Jugendhast
Frühlingstag,
eine beseligte Hand ersaßt,
die ihre Wonne nun verborgen
entgegenträumt dem nächsten Morgen.
Der Frühling ist ein süß erschrocken,
kaum grüßendes Vorübergehn,
ein göttlich stilles Auferstehn
schon früh vorm Schall der Osterglocken.
Und was kein Lied erklären mag,
das ist der rechte Frühlingstag.