Johann Christian Günther. 
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Die Zärtlichkeit der innerlichen Qual 
Erlaubt mir kaum, ein ganzes Wort zu machen. 
Was dem geschieht, um welchen Keil und Strahl 
Bei heisser Luft in weitem Felde krachen, 
Geschieht auch mir durch dieses Donnerwort: 
Nun muss ich fort. 
Ach harter Schluss, der unsre Musen zwingt, 
Des Fleisses Ruhm in fremder Luft zu gründen, 
Und der auch mich mit Furcht und Angst umringt! 
Welch Pflaster kann den tiefen Riss verbinden, 
Den tiefen Riss, der mich und dich zuletzt 
In Kummer setzt? .... 
Genug! Ich muss, die Marterglocke schlägt! 
Hier liegt mein Herz, da nimm es aus dem Munde 
Und heb’ es auf: die Früchte, so es trägt, 
Sind Ruh’ und Trost bei mancher bösen Stunde, 
Und lies, so oft dein Gram die Leute flieht, 
Mein Abschiedslied. 
Wohin ich geh, begleitet mich dein Bild, 
Kein fremder Zug wird mir den Schatz entreissen ; 
Es macht mich treu und ist ein Hoffnungsschild, 
Wenn Neid und Noth Verfolgungssteine schmeissen, 
Bis dass die Hand, die uns hier Dörner flicht, 
Die Myrten bricht. 
Erinnre dich zum öftern meiner Huld 
Und nähre sie mit süssem Angedenken. 
Du wirst betrübt: diess ist des Abschieds Schuld, 
So muss ich dich zum ersten Male kränken, 
Und fordert mich der erste Gang von hier, 
So sterb’ ich dir. 
Ich sterbe dir, und soll ein fremder Sand 
Den oft durch dich ergetzten Leib bedecken, 
So gönne mir das letzte Liebespfand 
Und lass ein Kreuz mit dieser Grabschrift stecken : 
Wo ist ein Mensch, der treulich lieben kann ? 
Hier liegt der Mann! 
2. Abschied von seiner ungetreuen Liebsten.1) 
1. Wie gedacht, 
Vor geliebt itzt ausgelacht, 
i) Dieses Gedicht findet sich handschriftlich in einem Taschenbuch 
Günthers von 1715. Dort steht für ‘¿) und 3): „Prahlest du mit deiner
	        
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