Johann Christian Günther. 
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Gestern in die Schoss gerissen, 
Heute von der Brust geschmissen, 
Morgen in die Gruft gebracht .... 
7. Bin ich arm, 
5 Dieses macht mir wenig Harm, 
Tugend steckt nicht in dem Beutel, 
Gold und Schmuck macht nur den Scheitel, 
Aber nicht die Liebe warm. 
8. Und wie bald 
10 Misst die Schönheit die Gestalt! 
Rühmst du gleich von deiner Farbea), 
Dass sie ihresgleichen darbe, 
Ach, die Rosen werden alt3). 
II. Auf der Universität 1715—1719. 
3. Studentenlied. 
Brüder, lasst uns lustig sein, 
Weil der Frühling währet, 
Und der Jugend Sonnenschein, 
Unser Laub verkläret; 
Grab und Bahre warten nicht; 
Wer die Rosen jetzo bricht, 
Dem ist der Kranz bescheret. 
Unsers Lebens schnelle Flucht 
Leidet keinen Zügel, 
Und des Schicksals Eifersucht 
Macht ihr stetig Flügel; 
Zeit und Jahre fliehn davon, 25 
Und vielleichte schnitzt man 
schon 
An unsers Grabes Riegel. 
Wo sind diese? Sagt es mir, 
15 Die vor wenig Jahren 
Eben also, gleich wie wir, 
Jung und fröhlich waren? 
Ihre Leiber deckt der Sand, 
Sie sind in ein ander Land 
20 Aus dieser Welt gefahren. 
Wer nach unsernVätern forscht, 
Mag den Kirchhof fragen ; 
IhrGebein,so längst vermorscht, 
Wird ihm Antwort sagen. 
Kann uns doch der Himmel 
bald, 
Eh die Morgenglocke schallt, 
In unsre Gräber tragen. . . . 
Farbe . . Ach die Rosen werden alt“. Nach Litzmann ging das Lied in 
den Volksmund über, doch nur die Verse allgemeinen Inhalts erhielten 
sich. Den oben mitgeteilten Strophen 1. 8 entsprechen von einem in 
Nr. 205 des Schwäbischen Merkurs 1881 mitgeteilten schwäbischen Volks¬ 
liede Strophe 1. 2. Sie lauten: 1. Wie gedacht, wie gedacht, War aller 
Freud ein End’ gemacht, Gestern Lust und Freud genossen, Heute durch 
die Brust geschossen, Morgen in die Gruft gebracht. 2. Ach wie bald, 
ach wie bald Verliert die Schönheit ihre Gstalt; Prangst du gleich mit 
deinen Wangen, Die wie Milch und Purpur prangen, Sieh, die Rosen 
werden alt“. Nach diesem Lied hat W. Hauff seinen „Reiters Morgen¬ 
gesang“ gedichtet, dessen Strophen 2. 3 der ersten und zweiten seines 
Vorbildes und demnach der ersten und achten von dessen Vorlage ent¬ 
sprechen. „Das Motiv vom Reiter scheint ausschließlich Hauff anzugehören“.
	        
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