Johann Christian Günther.
zum Soldatenhandwerk. Mit dem schwedischen Obersten, der ihn in sein
Gefolge aufnimmt, macht er indessen sehr schlimme Erfahrungen. Drei
Jahre und etliche Monate treibt er sich in der Welt herum bis nach Rufs¬
land hin: nach vielen Nöten kommt er endlich wieder in den Schwarz¬
wald. „Indessen war der Teutsche Friede geschlossen worden, also daß
ich bey meinem Knän in sichrer Ruhe leben konte“. . .
In der Abgeschiedenheit von der Welt denkt Simplex oft über seine
Lebensschicksale nach und fragt sich, was er „von der ganzen Reise zu¬
wege gebracht“ habe. Die Antwort, die er sich gibt, ist wenig tröstlich;
deshalb fängt er „sein Spesserter Leben wieder an“. Sein letzter Wunsch
ist, daß Gott uns allen das verleihen möge, „woran uns am meisten ge¬
legen“, nämlich ein seliges Ende.
„Dem herben Schluß von der Frau Welt Lohn“ hat Grimmelshausen
eine Fortsetzung angehängt in Buch 6. Diese stimmt aber nicht gut zum
Ton des Ganzen. Sie berichtet von Teufelserscheinungen, von einer mi߬
glückten, mit Schiffbruch endenden Jerusalemreise des Simplex und schlie߬
lich von seinem Robinsonleben auf einer fruchtbaren Insel.
XXIII. Johann Christian Günther.
Johann Christian Günther ist am 8. IV. 1695 zu Striegau in Schlesien
geboren. Sein Vater, ein Arzt, unterrichtete den geweckten Knaben in
den Anfangsgründen der klassischen Sprachen. Für dessen Freude an der
Poesie hatte er kein Verständnis; „kein Reimen bringt Gewinn“. Seit
Anfang 1710 besuchte Günther das Gymnasium in Schweidnitz. Hier erwarb
ihm seine dichterische Begabung viele Freunde und Gönner. Die Liebe zu
„Leonore“ gewährte ihm reines Glück, jetzt und später hat er sie in
herrlichen Liedern gefeiert. September 1715 verließ er Schweidnitz und
ging schließlich nach Wittenberg, um Medizin zu studieren. Hier jedoch,
wo seine „Qual ihren Anfang“ nahm, wie in der zweiten Hälfte seiner
Studienzeit in Leipzig und in Breslau ließ er sich in das wüste Studenten¬
leben der Zeit hinabziehen: die Studien vernachlässigte er, seine Leiden¬
schaften ließ er völlig Herr über sich werden; „er wußte sich nicht zu
zähmen“. So oft er auch versuchte sich aufzuraffen und seine Freunde
ihm wieder zurechthelfen wollten und das Glück ihm wieder zu lächeln
schien, es war doch am Ende alles vergeblich; er hatte den sitt¬
lichen Halt verloren. Daher zog sich sein Vater immer mehr von ihm
zurück, auch dem reuig Heimkehrenden öffnete er nicht Haus noch Herz;
„so zerrann ihm sein Leben“. Nicht so sein Dichten. Auch im Unglück
hat ihm die Muse gegeben, in ergreifenden Tönen zu sagen, was er litt,
mochte ihn äußere Not bedrängen oder schwerer innerer Kampf ihm das
Herz zerreißen oder „Verfolgung, Mißgunst, Lästerzunge, Lüge durch Mark
und Beine fahren“. Dann suchte er sich die trübe Gegenwart zu erhellen