Full text: Altdeutsches Lesebuch mit Anmerkungen (1)

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alle bewaffneten Reiter des Abendlandes, die eine richtige Lehr¬ 
zeit bestanden und die Ehren ausgelernter Reiter erhalten hatten, 
als Bundesbrüder. 
Den Römerfahrten Kaiser Friedrichs wurde der Ritterftand die 
beste Bilfe. An den ehernen Bausen brach sich der Zorn der 
lombardischen Städter, sie wurden den normannischen Rittern eben¬ 
bürtige Gegner. Zwanzig Jahre führte der Kaiser diese mutigen 
Kampfgeiellen nach Italien, auch den jüngern ward Sprache, Sitte, 
Bildung des Südens vertraut. Durch diese ungewöhnlichen Ver¬ 
hältnisse wurde ein neuer Ceil der deutschen Volkskraft hoch her¬ 
aufgehoben, und der alten lateinischen, kirchlichen, ge¬ 
lehrten Bildung, die bis dahin der Geistliche ver¬ 
treten hatte, trat eine neue weltliche, ritterliche, 
höfische des Laien gegenüber. 
Die neue Bildung war aber nicht nur weltlich, sie war in 
manchem nicht einmal christlich. Im Abschluß einer großen Periode 
zeigte die waltende Kraft unseres Volkes eine Reihe von Em¬ 
pfindungen und Gedanken, durch die sie Sinn und Berz der 
Deutschen in der Urzeit gerichtet hatte, noch einmal in heiterem 
Spiel und phantastischer Umbildung. Schon der Grundton aller 
Lebensweisheit, die jetzt verkündet wurde, war dem asketischen 
Ernst der Kirche fremd. Der sslenfch soll froh fein und hochgemut, 
stolzer Mut, d. h. rechter Frohsinn, ist fittig. „In Züchten froh" 
wurde bestes Lob, die Fülle der Lebenskraft, die aus Antlitz 
und Worten leuchtete, galt für edlen Vorzug bei Mann und Weib. 
Das Auge hing leidenschaftlich an schönen Zügen und innigem 
Ausdruck; ebenso an stattlicher Erscheinung, an guten Gewändern 
und kunstvollem Schmuck, an zierlichen Bewegungen und Canz, 
an bunten und prächtigen Aufzügen, flicht nur das materielle 
Behagen, auch Grazie und Schönheit der Empfindungen wurde 
gesucht, und sorgfältig vermieden, was für gemein galt, für tölpel¬ 
haft oder lächerlich. Die Zucht des Menschen, d. h. die Fähig¬ 
keit, sich schicklich und wohltuend darzustellen, wurde sehr wichtig 
und durch Vorschriften und Beispiel in die jungen Seelen geprägt. 
Keine Zeit des deutschen Lebens zeigt so viel heitere Sinnlichkeit, 
io eifrigen Kultus der gesellschaftlichen Vorzüge und so unbefangene 
l Bingabe an die Eindrücke, die irdische Schönheit erregte; und 
i darum ist die gesamte Bildung jener Zeit antiker Bil» 
Liermann-Vilmar, Altdeutsches Lesebuch. 15 
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