Full text: (Zweites und drittes Schuljahr) (Teil 1 für Kl. 8 u. 7)

227 
während der Kaiser alle diese Glückwünsche empfängt, feuern die Ka¬ 
nonen 101 Kanonenschüsse im Lustgarten ab. Darauf begibt sich der 
Kaiser zu Fuß über den Lustgarten nach dem Zeughause, wo sich die 
hohen Generäle versammelt haben. Nachdem er auch hier beglückwünscht 
worden ist, kehrt er mit seinem Gefolge wieder nach dem Schlosse 
zurück. 
In den Straßen bewegt sich den ganzen Tag eine fröhliche Menschen¬ 
menge. Die Häuser sind mit Fahnen, Gränzen und Teppichen geschmückt, 
die Schaufenster mit den Büsten und Bildern des Kaisers. Händler 
bieten Kinderfähnchen, Postkarten und Schmuckgegenstünde mit den Ab¬ 
bildungen des Kaisers und seiner Familie feil. Am Nachmittage ist 
der Menschenverkehr ,,Unter den Linden" am lebhaftesten; denn dann 
fährt der Kaiser eine kurze Zeit im Tiergarten spazieren, und auf dem 
Wege dahin erwarten ihn seine Berliner, um ihn an diesem Tage doch 
auch von Angesicht zu sehen und ihm, wenn er vorüberfährt, ein brausen¬ 
des Hoch zuzurufen. 
Am Abend aber, während der Kaiser mit seinen Gästen im Opern¬ 
hause den Klängen eines Festspiels lauscht, entsteht erst der stärkste Ver¬ 
kehr in den Straßen. Die großen Geschäftshäuser beleuchten ihre Ge¬ 
bäude mit buntfarbigen Lichtbirnen, die zum Namenszug des Kaisers 
und zu schönen Figuren zusammengesetzt sind. Der Rathausturm strahlt 
in leuchtendem Rotfeuer; in den Fenstern vieler Wohnungen brennen 
zahlreiche Kerzen, und auf den Dächern der Museen und anderer großer 
Gebäude steigen mächtige Flammen aus großen Pechpfannen empor. 
Wenn dann der Kaiser nach dem Festspiele einige Straßen durchfährt, 
um die Festbeleuchtung auch zu betrachten, dann wollen ihm die zahl¬ 
losen Lichter erzählen, wie viel tausend Herzen ihm in Liebe und Dank¬ 
barkeit ergeben sind. 
234. Prinz Wilhelm als Freund der Kinder. 
A. Engelien und H. Fechner. 
Als Kaiser Wilhelm II. noch als Prinz in Potsdam lebte, schritt 
er an einem Abend kurz vor Weihnachten ohne Begleitung durch 
die Straßen. Da sah er vor dem Schaufenster eines Spielwaren¬ 
geschäfts zwei Knaben stehen, die mit sehnsüchtigen Blicken die 
dort ausgelegten Herrlichkeiten betrachteten. Er trat hinzu und 
belauschte eine Weile ihr kindliches Geplauder. Dann fragte er 
15*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.