Full text: [Teil 2 = Kl. 7] (Teil 2 = Kl. 7)

still, daß einer seinen Atem Horen konnte, und endlich kam er zu dem 
Turm und öffnete die Tür zu der kleinen Stube, in welcher Dornröschen 
schlief. Da lag es und war so schön, daß er die Augen nicht abwenden 
konnte, und er bückte sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es mit dem Kuß 
berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen aus, erwachte und blickte ihn 
ganz freundlich an. Da gingen sie zusammen herab, und der König 
erwachte und die Königin und der ganze Hofstaat und sahen einander 
mit großen Augen an. Und die Pferde im Hof standen ans und rüttelten 
sich; die Jagdhunde sprangen und wedelten; die Tauben auf dem Dach 
zogen das Köpfchen unterm Flügel hervor, sahen umher und flogen ins 
Feld; die Fliegen an den Wänden krochen weiter; das Feuer in der 
Küche erhob sich, flackerte und kochte das Essen; der Braten fing wieder 
an zu brutzeln, und der Koch gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er 
schrie, und die Magd rupfte das Huhn fertig. Und da wurde die 
Hochzeit des Königssohns mit dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, 
und sie lebten vergnügt bis an ihr Ende. 
161. Olilckcken deck" dich, 6oldeTel und Knüppel aus 
dem Sack. Von den Brüdern 0rimm. 
Kinder- und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt vonReinhold Steig. 
Stuttgart und Berlin 1906. 8. 119. 
1. 
orgeiten war ein Schneider, der drei Söhne hatte und 
nur eine einzige Ziege. Aber die Ziege, weil sie alle 
zusammen mit ihrer Milch ernährte, mußte ihr gutes 
Futter haben und täglich hinaus auf die Weide geführt 
werden. Die Söhne taten das auch nach der Reihe. 
Einmal brachte sie der älteste auf den Kirchhof, wo die 
schönsten Kräuter standen, ließ sie da fressen und herumspringen. Abends, 
als es Zeit war, heimzugehen, fragte er: „Ziege, bist du satt?" Die 
Ziege antwortete: 
„Ich bin so satt, 
ich mag kein Blatt; meh, meh!" 
„So komm nach Haus!" sprach der Junge, faßte sie am Strickchen, 
führte sie in den Stall und band sie fest. „Nun," sagte der alte 
Schneider, „hat die Ziege ihr gehöriges Futter?" „O," antwortete der 
Sohn, „die ist so satt, sie mag kein Blatt." Der Vater aber wollte sich 
selbst überzeugen, ging hinab in den Stall, streichelte das liebe Tier und 
fragte: „Ziege, bist du auch satt?" Die Ziege antwortete:
	        
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